DIE FESTSTELLUNGEN, SCHLUSSFOLGERUNGEN UND VORSCHLAGE DER FORSCHUNG...
Die Effektivität der europäischen Gegenüberstellung ist variabel. Im Allge¬
meinen könnte man sagen, sie ist bescheiden. Es lässt sich erkennen, dass sie die
Rechtsanwender in Mittel- und Osteuropa - vor Allem wegen den Traditionen
— für bedeutender halten, als in Westeuropa, man kann aber keine deutlicheren
Unterschiede zwischen der (niedrigen) Wirksamkeit der verschiedenen Regionen
erkennen. Hier möchte ich bemerken, dass sich die schwachen Effektivitätsquoten
(sogar in Absolutzahlen) — die von den ausländischen Rechtsanwendern genannt
wurden - an einander ähneln, und sie stimmen mit den Daten und Fakten meiner
ungarischen, empirischen Forschung überein.
Trotz ihrer bescheidenen Wirksamkeit traf ich auf kein Land unter den
Anwendern, wo die Existenz, die Praxis und die Zukunft der Gegenüberstellung
in der Gegenwart bezweifelt wurde. Zugleich entdeckte ich jedoch ich in den
Ländern - die sie nicht verwenden - kein Bedürfnis, „Zwang oder Sehnsucht“
nach ihrer Einführung.
C) Die folgende Behauptung - dass die Gegenüberstellung in der Konvention
zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), sowie inanderen
internationalen Abkommen und Empfehlungen expressis verbis nicht erwähnt
werde — gehört auch in den Bereich der internationalen Untersuchung. Trotz
dieser Behauptung findet man in der Rechtsprechungspraxis des Europäischen
Gerichtes für Menschenrechte — da die Mehrheit der Mitgliedstaaten die
Gegenüberstellung kennen - indirekte Richtlinien über ihre Anwendung. Es ist
deutlich erkennbar, dass die Straßburger Rechtauslegung die Gegenüberstellung
mit der Vernehmung verbindet, da es sich — sowohl in dem Fall der Zeugen, als
auch in dem Fall des Beschuldigten - um eine spezielle Form der Vernehmung
handelt. Das Gericht hält die Gegenüberstellung für eine Vernehmungsform oder
Verfahrenshandlung, die zur Befriedigung oder Stärkung der Rechte innerhalb
des Menschenrechtspakets des Beschuldigten entsprechend ist. In diesem Bereich
sind vor Allem das Recht des Beschuldigten, die Person, das Verhalten und die
Authentizität der Aussagen von Zeugen bzw. anderen Beschuldigten persönlich,
durch Stellung von Fragen, durch Bemerkungen oder durch das Mittel der
einfachen Beobachtung zu kontrollieren.
Die Gegenüberstellung kennt das Gericht als eine Form, die diese Forderungen
sowohl in der Periode der Ermittlungen, als auch in dem Hauptverhandlungsstadium
erfüllen kann, wenn die Verteidigung (der Beschuldigte oder sein Verteidiger)
mindestens im Laufe einer dieser Verfahrensphasen die Möglichkeit zur
Überprüfung der den Beschuldigten belastenden Zeugen bekommt bzw. mit ihnen
konfrontiert wird. Allein der Ausfall der Gegenüberstellung bedeutet aber nach
dem Menschengericht keine Verletzung des Rechtes auf faires Verfahren, wenn
die Verteidigung die Zeugen auf andere Weise befragen konnte.