LÁSZLÓ TARNÓI: SCHNITTPUNKTE. STUDIEN ZUR GERMANISTIK UND HUNGAROLOGIE
Der Gram verzagter dunkler Karawanen
Entsprang, gezeichnet von der Nacht, dem Land,
so sinnlos, ziellos schien mein dunkles Ahnen,
Dass nun mein Herz nur Klagen dafür fand:
„O meine Sehnsucht, Schiff der Wüste, sag,
Wohin willst mit dem Zauberschatz du traben,
Dem Mondenschatz? Sind doch seit Jahr und Tag
Die Wege allen Glücks im Sand begraben ...
In der letzten Strophe werden „Bild“ sowie sämtliche „Visionen“ eindeutig auf
den Dichter und seine Welt konkretisiert („hier die Hetzjagd um geringe Freu¬
de“), um schließlich das Konkrete in den letzten vier Versen erneut im Meta¬
phorischen voll aufgehen zu lassen:
Dies schiefe Bild trag ich in mir bis heute,
In nächtlich’n Visionen, unerlöst,
Wenn hier die Hetzjagd um geringe Freude
Immer aufs neu die Seele blutig stößt.
Ich seh die Nacht auf ihrem schwarzen Ross
Im wehend weißen Wolkenburnus reiten,
Als düstrer Araber trabt träg sie los,
Ewger Gefährte durch der Wüsten Weiten ...
Das Missverhältnis zur Außenwelt wurde in der Dichtung von Ärpäd Töth von
nun an wesentlich deutlicher artikuliert als zuvor, die kritischen Momente
erhielten stärkere Akzente. Es waren die Jahre des Ersten Weltkrieges, welche
die subjektive Selbstbegrenztheit aller Modernen nicht nur fragwürdig mach¬
ten, sondern früher oder später mehr oder weniger auch beseitigten. Ärpäd
Töths Elegie an einen Ginsterstrauch ist eines der repräsentativen großen
Dichtwerke gegen den Krieg.’ Sommer 1917 spannte darin der Dichter in einer
Reihe impressionistisch gemalter Bilder den tief empfundenen erschütternden
Gegensatz zwischen Naturharmonie und ihrer grauenhaften Entstellung durch
den Menschen. Der Dichter überwand dabei seine anfängliche pazifistische
Einstellung, er verdeutlichte den Unterschied zwischen abscheulichen „geis¬
tigen Piraten-Menschen“ sowie den „herumgetrieben taumelnden Ausgelie¬
ferten“ und „tränenden Waisen“ und schließlich entwarf er als absoluten Hö¬
hepunkt der Elegie ein lyrisch verdichtetes Bild von einem möglichen
Selbstmord, einem selbstverschuldeten Untergang der ganzen Menschheit. So
widerspruchsvoll der Ausdruck auch sein mag, es entstand eine entsetzliche,
° Téth, Arpad: Elegie an einen Ginsterstrauch [Elégia egy rekettyebokorhoz]. In: Toth, Abend¬
licher Strahlenkranz, S. 33-35.