4. NUANCEN DES GLÜCKS IN POETISCHER UND HISTORISCHER SICHT
die von Maria Iheresia und Joseph II. zu würdigen. Gerührt gedachte man
z. B. noch 1807 in poetischen Bildern des 11. September im Jahre 1741,
als die Gunst des einmaligen historischen Augenblicks genutzt wurde,
glückverheißend für die ganze Region bis über die Gegenwart um 1800
hinaus: Da stellte sich die erst 24-jährige Maria 'Iheresia - vom Preußenkönig
sowie von Sachsen und Bayern bis zur Vernichtung bedrängt und von
allen Verbündeten verlassen - in Preßburg mit Tränen in den Augen und
dem Säugling Joseph auf dem Arm vor die ungarischen Stände, von deren
anwesenden Vertretern viele noch vor wenigen Jahren für die Unabhängigkeit
des Königreichs gegen das österreichische Herrscherhaus kämpften, die aber
nun mit ihrem überraschenden, jedoch einmütigen und in jeder Hinsicht
klischeegerechten ritterlichen „vitam et sanguinem pro rege nostro Maria
Theresia“ die Weltmachtpositionen der Habsburger retteten und damit
eigentlich einen ersten historischen Ausgleich innerhalb der k. k. Monarchie
ermöglichten. Auf Gemälden und in verschiedenen poetischen Genres
wirkt dies alles recht theatralisch und überschwänglich, so u. a. auch in der
vermutlich ebenfalls von Carl Anton von Gruber verfassten Elegie an mein
Vaterland?’ mit den typischen Gruberschen Fußnoten:
Nicht ein blendend Phantom, ein Strahl vom Himmel gesendet
Hellet mit göttlichem Licht Zeiten der Seeligkeit auf.
So wie ein Gott ziert Theresia” — unvergesslich der Menschheit
Schönste Zierde, den Ihron, der nur von Tugenden strahlt.
Sie, ein Weib, die die Tugend des Mannes, des Weibes vereinte,
Hatte die Sterblichkeit nur — fehlerfrey — mit uns gemein.
Seht, einen Welttheil sich rüsten! - er droht - der Stolze, der Kühne!
Wortbrüchig wagt er die That, die er zu hassen beschwor.??
Und sie hebt die rechte - zeigt auf den stammelnden Säugling ¬
„Blut und Leben für sie!“”? Schnell sind die Feinde besiegt.
?° [Gruber, Carl Anton von?]: Elegiean mein Vaterland. In den Ruinen eines alten Bergschlosses
geschrieben. Pannonien [vermutlich: Pest: Joseph Eggenberger], 1807, 24 S. [Zitierte Verse,
S. 12-14; deren Fußnoten S. 23] In: Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 1, S. 137-146.
[Zitierte Verse, S. 140; deren Fußnoten S. 144 £.], (Hervorhebung L. T.) Die ausführliche
Besprechung dieser Elegie siehe im Kap. IV.
21 Ebd., Fußnote Nr. 10 des Dichters: „Theresia. -— Ich schreibe mit Ehrfurcht nochmals
den Namen der weisen guten Königin. Es ist bloss historische Wahrheit, wenn ich sie die
Schöpferin des besseren Zeitalters in Ungarn nenne. Stephan I. war ein Schöpfer seines
Volks, als er die christliche Religion einführte und Barbaren dadurch zu milderen Menschen
umschuf; sie gab uns Kultur und Bliithe, sie hat uns wie jener mit andern gebildeten Nationen
in Gemeinschaft gebracht. Was sie that, war gross und gut; — das Gliick ihres Volkes, ihre
einzige Sorge, war auch das Ihrige — that sie nicht alles?“ (Hervorhebung L. T.)
22 Ebd., Fußnote Nr. 11 des Dichters: „Bruch der pragmatischen Sanction.“
283 Ebd., Fußnote Nr. 12 des Dichters: „Die einzige ungetheilte Stimme auf dem Landtag 1741,
wo sie den Säugling Joseph, den versammelten Ständen hinhielt, und diese eine allgemeine
Insurrection für sie beschlossen; — und es ist noch unser Stolz, dass wir für sie kämpfen und