5. DAS DEUTSCHE SCHAUSPIELREPERTOIRE IM ALTEN PRESSBURG UND PEST-OFEN
Doch auf Fragen, ob das Theater bei solcherart Aufführungen ,häufig genug“
besucht werde, gab es schon zu dieser Zeit nur resignierte Antworten, wobei
man sich neben den jeweiligen Spielinhalten unvermeidlich immer wieder
auch an die Art und Weise des Spiels (d. h. nicht nur an das „Was?“, sondern
auch an das „Wie?“) zu denken genötigt fühlte, ja sogar möglicher Weise
auch an den jeweiligen „Reiz“ der künstlerischen Leistung erinnert wurde.
Auf die Fragen „Laufen euch denn die Leute so zu?“ „Hört man euch häufig
genug?“ — lauteten daher ebenda die verunsicherten Stellungnahmen der
„Schauspielkunst“ dementsprechend fogendermaßen: „Nach Beschaffenheit
der Vorstellung. Wenn das Publikum glaubt, eine Vorstellung habe viel
Reize für dasselbe, so kommts häufig, find’s keinen Reiz, so sprechen wir oft
vergebens."" Vierteljahrhundert später, um 1800, waren die Erwartungen von
Unterhaltung, Bildung bzw. künstlerischer Leistung sowie deren Angebot in
den deutschen Theatern des Königreichs viel ausgewogener.
Dazu sollte man außer dem oben skizzierten Spielrepertoire einen
Blick in die vielen zeitgenössischen Theatergedichte der Pest-Ofener und
der Preßburger Schauspieler und Dichter werfen. „Verkürzt Euch oft den
Winterabend hier“ — darum wurde z. B. das Publikum „von dem sämtlichen
Kassa-Personale des Königl. Stadt-Theaters in Pest 1797“ gebeten. Wenn aber
damit vor allem die Unterhaltungsansprüche in Worte gefasst wurden, so
brachte man gleich danach auch die anspruchsvollere Absicht zum Ausdruck,
die Zuschauer „durch schöne Spiele [...] würdig zu erfreuen“:
Verkürzt Euch oft den Winterabend hier!
Nichts soll dann diesem Eifer gleichen,
Durch schöne Spiele Euch würdig zu erfreuen;
Auch wir werden dann den Stolz erreichen,
Ganz eurer Huld, Ihr Theuren! Werth zu seyn.
Auch der Preßburger Karl Nitsch wiederholte mit Nachdruck die uner¬
lässliche Doppelfunktion theatralischer Wirkungen mit den Begriffen
„nützen“ und „ergötzen“, wobei er stolz hinzusetzte, dass in diesem Sinne
die Schauspielkunst bereits in Deutschland („Germania“), ja sogar in Ungarn
(„Pannonia“) nichts mehr zu wünschen übrig lässt:
51 Ebd., S. 152 f. (Hervorhebungen L. T.)
52 [- -]: Neujahrswunsch von dem sämtlichen Kassa-Personale des königl. Stadt-Theaters
in Pest 1797. In: Ofner und Pester Theater-Taschenbuch für das Jahr 1796. Vom neuen
Jahr angefangen. Einem hohen und gnädigen Adel, lôblichen Militair und ganzen
verehrungswürdigen Publkum zum neuen Jahre verehrt von dem sämtlichen Kassa¬
Personale des Königl. Stadt-Theaters in Pest 1797. In: Deutschsprachige Texte aus Ungarn,
Bd. 1, S. 297 f.