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2. DIE GESCHICHTE UNGARNS IN POETISCHEN BILDERN KOMPONIERT

(Es ist beachtenswert, dass Carl Anton von Gruber bereits sieben Jahre früher,
als er in seinem Hymnus an Pallas-Athene die literarischen Leistungen seiner
Landsleute in feierlichen Hexametern zu würdigen begann, ähnlicher Weise
das folgende Bekenntnis in einer Fußnote beifügen zu müssen glaubte: „Mein
liebes Vaterland ist Ungern.“?°)

Alle Details des langen deutschen Gedichtes sind in diesem Sinne den
Empfindungen der Liebe zum ungarischen Vaterland und dessen Helden
verpflichtet, so z. B. als Pannonia!! in den Versen des dritten Absatzes unter
den historischen Nachbarvölkern (darunter auch die „tapferen Deutschen“
unter den Fremden genannt) die höchsten Prädikate erhielt:

Namen der Völker. Feigheit entehrt nicht die furchtbaren Namen;
Aber Pannonia war siegreich, und grösser als sie.

Fragt den Wälschen, den Pohlen, den Böhmen, den tapferen Deutschen,
Geht in das heilige Land, geht zu den Türken und fragt.

Ja! der unsterbliche Ruhm, er thront über Sieges-Trophäen,
Schmüket mit Lorbeer das Haupt, Helden des Vaterlands, euch.'?

2. DIE GESCHICHTE UNGARNS IN POETISCHEN BILDERN KOMPONIERT

Das umfangreiche Gedicht feiert in chronologischer Reihenfolge historische
Höhepunkte der ungarischen Geschichte, so vor allem die Landnahme
der Ungarn im Karpatenbecken mit dem Fürsten Ärpäd und die vier
Jahrhunderte unter der Herrschaft seiner Nachfolger sowie die Glanzjahre
des Humanismus im Hofe des Matthias Corvinus. Diesen folgt schließlich
— zwar nicht mehr so überschwänglich vorgetragen wie die Partien über
die zwei früheren Epochen - die Schilderung der Zeit von der Austreibung
der Türken aus dem Königreich über die Jahrzehnte der Nahvergangenheit
unter der Herrschaft der Königin Maria Theresia'? und Joseph II. bis zur
Gegenwart, d. h. zu den erst angehenden Jahren des 19. Jahrhunderts, mit
reformistischen Hoffnungen auf wirksame Fortschritte des „Vaterlandes“
„durch Freysinn“ und „steigende Bildung“.

10 Gruber, C. A.: Hymnus an Pallas-Athene. Presburg: bey Georg Aloys Belnay, 1802, 55 S. Darin
Fußnote Nr. 87 des Dichters, unpag. In: Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 1, S. 119.

1! Pannonia [ursprünglich im Altertum der Name der römischen Provinz zwischen Donau,
Save und Alpen] war in der zeitgenössischen deutschsprachigen Dichtung des Königreichs
als poetisches (stilistisch leicht gehobenes) Synonym für Ungarn mit verhältnismäßig hoher
Frequenz verwendet.

12 Elegie an mein Vaterland, S. 6. In: Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 1, S. 138. (Hervor¬
hebungen L. T.) Siehe dazu auch die Fußnote Nr. 4 des Dichters, ebd., S. 143.

13 Die ausführliche Besprechung der Partien über die Königin in der Elegie siehe im Kap. X/4—5.

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