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ihn, und vier starke Kerl führten ihn in ein großes Gewölbe, in welchem 16 bis 18
Personen antraf, devon einige ein gutes und vornehmes Ansehen hatten.

Da man schon wußte, daß er ein Franzose war; so redete ihn das Haupt dieser
Gesellschaft in seiner Sprache an: Wer sind Sie? Ich bin der Graf von B ++.

Was haben Sie hier zu thun? Ich gehe als königlicher französischer Ambaßadeur nach
Stockholm. — Führet der Weg von Paris nach Stockholm, Sie durch diesen Berg? Meine
Herrn, es verlohnt sich nicht der Mühe, daß ich Ihnen antworte. — Wir wollen aber
wißen, was Sie hier machen? Wenn Sie es doch wißen wollen; ich wolte die Gespenster
sehen, die hier sind, oder sich nach dem Vorgeben des Predigers, bey welchem ich
eingekehret bin, allhier aufhalten sollen. Aber hier finde ich kein Gespenst, denn Sie
haben Fleisch und Bein, wie ich sehe. — Herr Graf, hieß es nunmehro, diese unzeitige
Neugierde kostet Ihnen das Leben. Beten Sie Ihr Ave Maria! oder was Sie sonst wollen,
und knieen nieder.

Der Graf wurde aufgebracht, und legte die Hand an den Degen. Doch nein! denn den
Degen hatte er vergeßen. Wie? fuhr er hitzig heraus, bin ich hier unter die Mörder
gefallen? Meine Herren, Sie sehen aus wie ehrliche Leute; warum wollen Sie es denn
auch nicht seyn? Es ist wahr, ich bin in Ihrer Gewalt; ich rathe Ihnen aber an, mich
nicht anzurühren. Mein Gefolge, das über 40 Mann stark ist, weiß daß ich auf dem
Schloße bin; und mein Kammerdiener, der den Schuß gehöret hat, wird bereits fort
seyn, um sie abzuholen. Diese braven Leute, welche keine Gespenster glauben, werden
den ganzen Berg zusammt dem Schloße demoliren, und Sie gewiß ausfindig machen.
Der Graf mußte seinen Abtritt nehmen, und man hielt einen Rath über ihn. — Tummelt
euch, schrie er vor der I'hür, als ihm die Zeit zulange ward, oder das —

Wie er wider hineinkam, so that ihm der General der Gespenster folgenden Antrag:
Herr Graf! wir vergeben Ihnen den lustigen Einfall, auf die Gespensterjagd auszugehen,
und uns hier in unsrer Einsamkeit zu stöhren. Wollen Sie uns Ihre Verschwiegenheit
zuschwören, so sollen Sie frey seyn. Wo nicht — ich glaube Sie verrathen mich.

Mein Herr! antwortete der Graf; ich bin kein Schwätzer. Von mir soll kein Mensch
erfahren, daß ihr hier seyd. Auch den Geistlichen, der euch alle Sonntag wie die
Hexenmeister in den Bann thut, will ich bey seinen Vorurtheilen laßen. Mögt ihr doch
hier machen, was ihr wollet. — Gut, so schwören Sie denn! Hier ward ihm der Eid
vorgelegt, und man brackte ihn hierauf durch eine geheime Treppe hinauf zu dem
Kammerdiener. Drey Jahre darauf, erhielt der Graf folgenden Brief:

Mein Herr!

Sie haben Ihr Wort gehalten, und uns nicht verrathen, Wir sind Ihnen dieserwegen
verbunden. Hier ist ein zugerittnes Pferd zu Ihren Diensten. Und aus beikommenden
Goldstücken werden Sie unser Geschäfte auf dem alten Schloße errathen. Wir haben
diesen Ort verlaßen, und Sie können nunmehro alles erzehlen, was ihnen beliebet.
Leben Sie wohl!

Jezt sah der Graf, daß die Gespenster sehr oft falsches Geld münzen, und erzehlte diese
Geschichte iedermann. [Seite 52>]

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