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unterordnen, und rüge vorláufig nur jenes im Allgemeinen mir bekante Abergláubische
der einen und der andern Volksgattung.

Wäreich mit dem Geiste und den Gesinnung der Walachen und ihrer Religionsverwandten,
als zwoen Nationen, wo Aberglaube nicht die lezte verehrte Gottheit, oder wenigstens
Priesterinn ist genauer bekannt dann wäre mirs leicht, diesen Titel sehr fruchtbar an
Thorheiten darzustellen. In diesem Betracht also werde ich mich vorzüglich auf unsre
Sachsen einschränken.

Wir haben zum Beispiel unsre Tagwähler, die alles was geschiehet, und warum es so
und nicht anders geschiehet, aus astrologischen Gründen der hochberuffenen
BauernPraktik apodiktisch herdemonstriren, und uns in unsern verschiednen
Unternehmungen, mit allerhand KalenderCharakteren den Weg zu vertretten und uns
den Kopf warm zu machen trachten: wenn sie behaupten:

a) Heute sey ein im Kalender angemerkter unglücklicher Tag.

P) Morgen erst sey es gut schröpfen oder Aderlaßen.

y) Ueber 8 Tage dürften Kinder entwöhnt, oder über einen

ö) halben Monath die Haare abgeschnitten werden.

So hüten sich manche Hauswirthe während der Zwischenzeit binnen Ostern und
Pfingsten in ihrer Oekonomie große Veränderungen vorzunehmen; ihren Wohnort zu
wechseln, oder eine Hochzeit anzurichten; das erstere, weil es nicht gut sey - und das
leztere wahrscheinlich vermöge dem Aberglauben des alten Latiums, welches im
Maymonate das Heyrathen für fatal achtete.

So gestatten einige unsrer Bienenwirthe den Eintritt in ihre Bienengärten, nicht leicht
einer ganz unbekanten, oder sonst verdächtigen Person; und noch weniger mögen sie
es leiden, daß ihnen iedermann unter die Bienenständer neugierig hineinblicke. Um
auch zu verhüten, damit zur Schwärmezeit nicht nur keine eignen Schwärme desertiren,
sondern auch fremde herbeygelocket würden, hangen einige der aberglaubischen
Bienenpfleger ein Stück eines vermoderten Strickes, der unter dem Hochgerichte
gefunden seyn soll, über die Stöcke: oder welches noch stärker wirket; ein Meßer von
einem armen Sünder, in dem Angesichte der Bienenstöcke, zur Zeit des Mittagläutens
in die Erde gesteckt, läßt keinen eignen Schwarm davonfliegen. ¬

Auch unsren Gärtnern gebricht es an gewißen Traditionen von Vorurtheilen und
Aberglauben keinesweges. Nur einige hievon zur Probe: Einmal verwerfen die meisten
die Schaltjahre als zum Pflanzen und vorzüglich zum Pfropfen untauglich. Sodann
lehren andre, daß die, ohne Vorwißen des Eigenthümers von gewißen guten Obstbäumen
gestohlne Propfreiser am glücklichsten gedeihten; die, während dem Brechen auf die
Erde gefallenen Reiser aber, zum Pfropfen aus dem Grunde nichts taugeten, weil einst
künftig alle Früchte noch unreif von den Aesten fallen würden.

Endlich tragen sich verschiedne Gärtner und Nichtgärtner, auch mit dem thörigten
Vorurtheil, daß woferne sie um die 12° Mitternachtsstunde, an ihren Bäumen gegen
das Neue Jahr nur ein Strohseil in Form eines Reifes befestigten, und ein leises
Segenssprüchelchen dabey hersageten; alle auf besagte Art umgürtete Obstbäume bis

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