AUF ZWANGSLAUFBAHN — SCHWUNGVOLL
Jura-Professor, Sandor Kévy wurde 1793 im Kollegium angestellt. Kovy war
einer der Wenigen, der nicht aus Särospatak war und kam, um dort etwas ganz
Neues einzuführen. Mit ein wenig Übertreibung könnte man behaupten, dass
seine Einladung nach Comenius der bedeutendste Schritt war. Er brachte wirk¬
lich eine paradigmatische Wende in die Geschichte der Pataker Schule. Von da
an berücksichtigte das Kollegium das adelige Interesse der Region. So entstand
die umfassende Lehrplanreform von 1796, die die meisten o.g. Neuerungen
institutionalisierte und konsolidierte. Es ist wahr, dass sich gegen die Reformen
eine beträchtliche traditionsbedachte Opposition bildete, aber die lateinische
Sprache konnte die Alleinherrschaft nicht mehr wiedererlangen. Der Versuch
von 1803 war nur teilweise erfolgreich, die neuere Lehrplanreform von 1810
hingegen wurde nachfolgend annulliert. In den 1820er Jahren tauchte die Idee
des Unterrichts neuer Kenntnisse und Wissenschaften (Statistik, Landwirt¬
schaft, Weltliteratur) auf, aber diese Initiative konnte keinen durchschlagenden
Erfolg erzielen. Seltsamerweise erstarrten die Verhältnisse in Särospatak zu
Beginn des Vormärz. Das Schlussdatum der Pataker Reformen ist symbolhaft,
da es mit dem Tod von Sändor Kövy zusammenfiel.
DER HINTERGRUND DER SÄROSPATAKER PROGRESSIVITÄT
Die Progressivität in Särospatak hing einerseits mit den allgemeinen Tenden¬
zem der ungarischen Bildung zusammen. Das Schulwesen war auch in Ungarn
einer der wichtigen Entwicklungsbereiche des aufgeklärten Absolutismus. Ma¬
ria Theresia hat 1777, parallel mit den Schulgesetzen und Verordnungen der
Habsburg Monarchie, das erste Ratio Educationis erlassen, das ausschließlich
in Ungarn gültig war. Dieses Dekret hatte das gesamte Bildungssystem staat¬
lich geregelt und führte mehrere aufgeklärte Anordnungen ein. Aber eben der
Mangel an Sanktionen und der nötigen finanziellen Grundlage war der Grund
dafür, dass das erste Ratio nur auf dem Papier verblieb. Die erste Phase der
staatlichen Bildungspolitik konnte in Ungarn noch bescheidenere Erfolge er¬
zielen als in Österreich.? Auch die Zahl und die Qualität der verschiedenen
Konzepte, Planungen waren weit hinter den österreichischen und auch den
böhmischen Dokumenten zurückgeblieben. Die Maßnahmen waren nur we¬
gen der staatlichen Kontrolle und der Vereinheitlichung erfolgreich, aber diese
konnten keine ernsten Änderungen im Curriculum und in der Finanzierung
2 Kosary, Domokos: A kétszaz éves Ratio Educationis. In: Magyar Pedagögia, Bd. 77. Heft 3-4, 1977,
S. 375-387.