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ZSIGMOND CSOMA

Eigentümlicher Weise hatten die Ergebnisse der englischen ,neuen Land¬
wirtschaft" keine direkte Wirkung auf die Weinbaufachliteratur, da England
wegen seinen natürlichen Gegebenheiten kaum eine Rolle im Weinbau spielte
— ab Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts wurden dort überhaupt
keine Reben mehr angebaut. Das neue Fachwissen über den Weinanbau des
18.-19. Jahrhunderts wurde vor allem über das deutsche Sprachgebiet nach
Ungarn vermittelt.” Nach dem Erscheinen des ersten deutschen Fachbuchs
über Weinbau (1582), und dem Verfasser des bedeutenden enzyklopädischen
Werkes Georgica Curiosa, Wolf Helmhard Hohberg (1612-1688), waren es die
Arbeiten des evangelischen Pastors M. Balthasar Sprenger (1724-1791), die
eine große Wirkung auf den ungarischen Weinbau hatten. Seine Bedeutung
kann daran gemessen werden, dass die ungarischen Weingutsbesitzer in der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sich am öftesten auf ihn beriefen, wenn es
um reinrassige Pflanzung, die Verbreitung von westeuropäischen Rebsorten
und andere zeitgemäße Methoden ging. Auch für Janos Nagyväthy gehörte
Sprenger zur Primärliteratur, als er das erste ungarischsprachige landwirt¬
schaftliche Sachbuch verfasste.”°

Es ist verständlich, dass die österreichische Weinbaufachliteratur die
Bekannteste in Ungarn war,” die Autoren aus Niederösterreich und der Stei¬
ermark hatten jedoch nicht nur eigene Untersuchungen und Beobachtungen,
sondern standen auch unter dem Einfluss der süddeutschen Literatur. Zu
den Winzern suchten sie den Weg durch die Prinzipien der „verbesserten“
Landwirtschaft, durch Übersetzungen, Bewertungen und Empfehlungen von
ausländischen Werken. Der bekannteste österreichische Fachautor des 18.
Jahrhunderts war Johann Wiegand (1707-1776), der mehrere Bücher verfasste,
die mehrfach ausgegeben und in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden. Zwei
davon, eine Anleitung für Tabak- und Leinanbau, sowie das Handbuch für
die österreichische Landjugend, wurden ins Ungarische übersetzt. Letzteres
Werk wurde wegen der Wirtschaftspolitik und Propaganda des Wiener Hofes
fünfmal, in verschiedenen Sprachen herausgegeben und wurde 1780 und 1792
für schulische Zwecke verkürzt ins Ungarische übersetzt. Der Übersetzer, der
kalvinistische Pastor und spatere Superintendent Samuel Szilagyi (1719-1785),

25 Uber die bestimmende Bedeutung der deutschen Weinbaufachliteratur vgl.: Csoma, Szöleszeti,

borászati hagyományok, S. 54—56.

Csoma, Zsigmond: Der Einfluss und die Verbreitung der deutschen und deutschsprachigen
Weinbauliteratur in Ungarn wahrend der Landwirtschaftlichen Revolution. In: Szakacs, Sandor
/ Fehér, György / Pintér, János (Hgg.): Magyar Mezégazdasagi Muzeum Kézleményei 1990-1991.
Budapest: Magyar Mezőgazdasági Múzeum, 1991, S. 57-75.

Über die bestimmende Bedeutung der österreichischen Weinbaufachliteratur vgl.: Csoma, Sz6lés¬
zeti, borászati hagyományok, S. 57-64.

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