Letztendlich können wir aber auch nicht ausschließen, dass Pethe absichtlich
für die Rechte der Pächter eintrat. Hierbei sollten wir nicht vergessen, dass Pethe
die Herausbildung der gesellschaftlichen „Mittelschicht“ als ausschlaggebend
erachtete, die nicht nur vom Konsum, der „Tilgung“ der hergestellten Produkte
lebte, sondern zugleich arbeitsam war und eine den Interessen der National¬
wirtschaft dienende Tätigkeit ausübte.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts kann auf markante Weise der Ein¬
fluss der westeuropäischen Wissenszentren anhand der Wissensentwicklung in
Ungarn in den Bereichen Naturwissenschaften, moderne Agrarwirtschaft so¬
wie Ökonomie bzw. des für die ungarnländische Wissenszirkulation benötigten
institutionellen Hintergrunds und des interpersonellen Beziehungskontexts
nachvollzogen werden. Die Leistungen der Studenten, die aus dem bestehenden
und funktionsfähigen Netzwerk der protestantischen Mittelschulen, aus den
evangelischen Lyzeen bzw. dem Reformierten Kollegium in Debrecen heraus¬
tretend ihr Studium für eine gewisse Zeit an westeuropäischen Universitäten
fortsetzten und über eine enzyklopädische Bildung verfügten, boten für die
Gewährleistung der Kontinuität der wissenschaftlichen Rezeption eindeutig
günstige Voraussetzungen. Gleichzeitig können auch daran keine Zweifel be¬
stehen, dass der Wirkungsgrad und die Leistungsfähigkeit eines kontinuierlich
betriebenen Interaktionsnetzwerks in der agrarwirtschaftlichen Fachausbil¬
dung, somit im Falle des Georgikons, bei der Einrichtung und Gestaltung der
nötigen institutionellen Voraussetzungen und dem für die fachliche Ausbil¬
dung benötigten Kriterienwerk ohne die Initiativebereitschaft und Tatkraft
eines ungarischen begnadeten Gutsherren, eines „spirited landlords“, wie dies
György Festetics war, zustande gekommen wäre. Dem ungarischen Hochadel
angehörende Graf, der von einer komplex ausgeprägten Vision geleitet mittels
der Anstellung von Pethe, Asböth und Rumy in Keszthely nicht nur bestrebt
war die allerneusten Trends und Errungenschaften bei der Betreibung des
Praxis orientierten Lehrbetriebs seiner Institution zu übernehmen und anzu¬
wenden, sondern ebenfalls das Georgikon mit der Vermittlung dieser selben
Angestellten, ihre Eingebundenheit in den verschiedenen wissenschaftlichen
Sozietäten und die von ihnen unternommenen Studienreisen nutzend, in das
weitere westeuropäische Beziehungssystem zu integrieren. Unter den dreien
war es aber lediglich Ferenc Pethe, dessen fachschriftstellerische und zeitungs¬
redakteurische Tätigkeit erst dann Beachtung fand, nachdem er Keszthely