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FURSTENSPIEGEL IN DER PROTESTANTISCHEN LITERATUR UND PADAGOGIK

Das ist die Fejedelmi parainesis — „Fürstliche Paränese“ aus dem Jahre 1637,
die mit den Kapiteln der Mahnungen von Stephan dem Heiligen verglichen
werden kann.”°

Gehen wir ein bisschen zurück auf ein Werk der Spätantike oder des
Frühmittelalters, um die Beziehungen zwischen den altertümlichen und neu¬
zeitlichen Werken zu nachvollziehen zu können.

Der im Motto zitierte Autor Agapetos, der Diakon an der Hauptkirche von
Konstantinopel, an der berühmten Hagia Sophia war, verfasste eine Schriftan
seinen Herrscher und Lehrling Justinian (527-565) unter dem Titel Ekthesis
kephalaion parainetikon — Auslegung von paränetischen Kapiteln oder Scheda
regia — Königliches Verzeichnis.”’ Im Folgenden verweisen wir nur ganz kurz
auf Ekthesis. Die Anfangsbuchstaben der 72 Kapitel ergeben ein Akrostichon:
„Unserem gottgefälligen und tieffrommen Kaiser zugeeignet von dem unwürdi¬
gen Diakon des Agapestos“ — auf Griechisch lautet dieser Satz folgenderweise:

To Osiotdtm Kai evosBeotat@ Bacıei Nu@v Tovotıvıav®, Ayanntög 6 EAAXICTOG
ÖLAKOVOG

[,Unserem gottgefälligen und tieffrommen Kaiser Justinian zugeeignet von dem

unwürdigen Diakon Agapetos“]

Warum soll dieses Werk für uns hochinteressant sein? Weil Agapetos’ Schrift
zu einem Schulbuch, zu einem Musterbeispiel bis in die Neuzeit wurde. Es
war ein wichtiges Bindeglied zwischen der Antike und dem Christentum, das
in dem griechischen Sprachunterricht benutzt wurde, nicht nur wegen sei¬
ner Hochsprache und rhetorischer Kunstmittel, sondern auch wegen seinem

Istvan Vetessi, dem Priester von Mezöterem, in dem der Autor seine Ansichten über die Kunst des
Regierens formulierte. Die literarische Epistel stammt aus dem Jahre 1631, sechs Jahre früher als
die „Fürstliche Paränese“. Tarnöc, Märton (Hgg.): Magyar gondolkodök. 17. szäzad. Budapest:
Szepirodalmi Könyvkiadö, 1979, S. 120-132.

26 Heltai, János / Holl, Béla / Pavercsik, Ilona / P. Vásárhelyi, Judit (Hgg.): Régi Magyarországi
Nyomtatvanyok (RMNy) 1636-1655. Bd. 3., Budapest: Akadémiai Kiadó, 2000, S. 722. In der
Handschrift von Räköczi etwas anders formuliert: Szilagyi, Sandor: Rajzok és tanulmanyok.
Bd. 1., Budapest: Athenaeum, 1875, S. 199-210.; Hargittay, A fejedelmi tükör, S. 464-468.
Eine andere Schrift beweist uns, dass die fürstliche Mahnung eine wichtige Rolle bei der Mach¬
tübergabe spielte. Papp, Sándor: II. Rákóczi György és a Porta. In: Kármán, Gábor / Szabó, András
Péter (Hgg.): Szerencsének elegyes forgása. II. Rákóczi György és kora. Budapest: LHarmattan,
2009, S. 99-170.

2? Agapetus Diaconus: Expositio capitum admonitorium. In: Migne, Jacques Paul (Hgg.): Patro¬
logia Graeca 86., Bd.1., Parisiis, 1865, S. 1163-1185. Umfassende Literatur: Bellomo, Antonio:
Agapeto Diacono e la sua scheda regia. Bari, Avellino, 1906.

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