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FURSTENSPIEGEL IN DER PROTESTANTISCHEN LITERATUR UND PADAGOGIK der späthumanistischen und frühneuzeitlichen Werke und Erziehung einige Konsequenzen ziehen zu können. Die Zahl der Fürstenspiegel zeigte zwischen den 15. und 18. Jahrhunderten ein dynamisches Wachstum, so verdoppelte sich z. B. die Zahl der Werke vom 15. auf das 16. Jahrhundert. Aus dem 15. Jahrhundert sind uns über 17 Ausgaben in Deutschland bekannt, im 16. Jahrhundert gibt es 39 Fürstenspiegel, im 17. Jahrhundert 69, und im 18. Jahrhundert bereits über 55. Warum erfolgt ein solcher Aufschwung während dieser Epoche? Der maßgebende Forscher, Bruno Singer, betont, dass die Gattung in der Tradition des Renaissance-Humanismus stehe.'? Die Schrift des Erasmus, die Institutio Principis Christiani (Die Erziehung des Christlichen Fürsten) wird das nachzuahmende Exempel des Genres und des christlichen Fürsten, sowohl für Katholiken als auch für Protestanten. Es ist „Die Krönung der Fürstenspiegelliteratur“ — wie es Singer formuliert hat.'° Der Renaissance-Humanismus gilt als eine Verlängerung und Wiedergeburt der antiken moralisierenden Fürstenspiegelliteratur, die mit der Berücksichtigung der Wirklichkeit aktualisiert wird. Es kann ohne Zweifel behauptet werden, dass diese Schriften zur Entwirrung der Politikwissenschaft beitragen, damit diese Wissenschaft zu einer selbstständigen Disziplin entwickeln kann." Die Gattung erreichte ihre Blüte sowohl in Deutschland, als auch in Ungarn im Laufe des 17. Jahrhunderts. Unter dem Einfluss der europáischen Nationalliteraturen wurden mehrere Werke übersetzt oder neu geschrieben. Es ist bemerkenswert, dass die ungarischen Schriften aus protestantischen Kreisen stammen, vorwiegend aus Siebenbiirgen, d.h. aus dem mehr oder weniger selbststandigen Fiirstentum, aus dem Gebiet, von wo die ungarischen Einheitsbestrebungen ausgingen.'* Die geschichtlichen Zielsetzungen sind sowohl in Ungarn als auch auf deutschem Gebiet ähnlich: Diese Schriften stehen im Dienste der Regierung, sie legalisieren die Macht und die Kraft des Fürsten — wie es Emil Hargittay, der hervorragende ungarische Forscher des 17. Jahrhunderts dieser Gattung behauptet.!? Nehmen wir z. B. das Werk von György Szepsi Korotz, das er Istvän Homonnai, dem Oberbefehlshaber der ungarischen Singer, Die Fürstenspiegel, S. 45. ebd. S. 21.; Erasmus Desiderius von Rotterdam: Institutio Principis Christiani, 1515. In: Welzig, Werner (Hgg.), Ausgewählte Schriften in Acht Bänden. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1968-1980, Bd. 5, S.110-357. Singer, Die Fürstenspiegel, S. 45. Hargittay, Emil: Gloria, fama, literatura: Az uralkodói eszmény régi magyarországi fejedelmi tükrökben. Budapest: Universitas, 2001, S. 19. Hargittay, Emil: A fejedelmi tükör műfaja a 17. századi Magyarországon és Erdélyben. In: Irodalomtörténeti Közlemények, Bd. 99., Heft 5-6, 1995, S. 441—484.., bes. S. 441. 0 43 e