Bedrohung durch Beanstandung von Anti-Corona-Maßnahmen in den Arm zu
fallen.** Wir schreiben wieder den März, allerdings des Jahres 2021, und wissen
unendlich viel mehr über die Krankheit; die von diesem Wissen unbeeindruckt
sich wiederholenden Anti-Corona-Maßnahmen der „zweiten Welle“ und ihre
erneuten, leider nur zu bekannten Grundrechtsbeschränkungen bleiben weiter
unbehelligt von gerichtlicher Kontrolle.
KEIN SCHÖNES RESÜME IN DIESER ZEIT!
Die Corona-Politik der Bund-Länder-Konferenz und die Umsetzung der
beschlossenen Maßnahmen durch die Länder seit dem Herbst 2020 sind ein
Trauerspiel. Sie lassen zunächst eine sorgfältige Gefahrenprognose vermissen: Das
mittlerweile und anders als beim ersten Lockdown vorhandene Wissen über Corona
sowie das im Sommer 2020 angesammelte Know-How der Infektionsvermeidung
und Infektionsverfolgung wurden blasiert für irrelevant erklärt und die Chance
der adäquaten Vorbereitung auf die „zweite Welle“ im Winter etwa durch
effizienten Schutz der Risikogruppen, Aufstockung und bessere Bezahlung des
Pflegepersonals®, bessere finanzielle und digitale Ausstattung des Robert-Koch¬
Instituts oder der Gesundheitsämter“‘ oder auch Erhöhung der Testkapazitäten
wurde verpaßt. Der Mühe, differenzierte, gefahradäquate und verhältnismäßige,
vor allem erforderliche und angemessene Regelungen zu erlassen, hat man sich gar
nicht erst unterzogen und statt dessen die Gesellschaft und Teile der Wirtschaft
mit der kostspieligen Keule eines zweiten Lockdowns zu Boden gestreckt. Die
Gerichte, im Sommer und Frühherbst angesichts niedriger Infektionszahlen
noch kritisch gegenüber fragwürdigen Anti-Corona-Maßnahmen, haben sich
mit dem Steigen der Zahlen im Spätherbst und dem Auftauchen von Mutanten
zunehmend hinter dem Nebel einer allgegenwärtigen Gefahr sowie der
Entscheidungsspielräume der Exekutive versteckt und die Ausweichmöglichkeiten
des vorläufigen Rechtsschutzes genutzt: Von einer sorgfältigen gerichtlichen
Kontrolle konkreter Maßnahmen kann keine Rede sein. Die in der Panik des
Frühjahrs gerade noch verständliche Entscheidung, die sozialen Beziehungen und
die Kultur einzufrieren und im Gegenzug die Wirtschaft größtenteils unbehelligt
zu lassen, ist in sturer Einfallslosigkeit auf Kosten der Lebensqualität wiederholt
* Uwe Volkmann, Der Ausnahmezustand, Verfassungsblog (20. 3. 2020), https://verfas¬
sungsblog.de/der-ausnahmezustand/.
# S. den Bericht in der Berliner Zeitung vom 12.3. 2021 „Tausende Pflegekräfte während der
Pandemie arbeitslos“.
16 S. zu diesen Unterlassungen die Süddeutsche Zeitung vom 29. 3. 2021, S. 13 „Im Blindflug
durch die Pandemie“.