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FRIEDER DÜNKEL des Europáischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sowie Resolutionen des Europäischen Parlaments zur Gewährleistung der Menschenrechte in den Vollzugseinrichtungen.' Trotz ihres bloßen Empfehlungscharakters sind sie in der Praxis faktisch zum Prüfungsmaßstab für nationales Recht geworden, indem sie in der Rechtsprechung des EGMR und in der Inspektionspraxis des Anti-FolterKomitees argumentativ herangezogen werden.!! Eine Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts'” führte auf nationaler Ebene ebenfalls dazu, dass die Landesparlamente bei der Verabschiedung von Landesstrafvollzugsgesetzen auf die Europäischen Strafvollzugsgrundsätze Bezug nahmen." In der Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der seinerzeitigen rechtlichen Regelung des Jugendstrafvollzugs führte das BVerfG dazu aus: „Auf eine den grundrechtlichen Anforderungen nicht genügende Berücksichtigung vorhandener Erkenntnisse oder auf eine den grundrechtlichen Anforderungen nicht entsprechende Gewichtung der Belange der Inhaftierten kann es hindeuten, wenn völkerrechtliche Vorgaben oder internationale Standards mit Menschenrechtsbezug, wie sie in den im Rahmen der Vereinten Nationen oder von Organen des Europarates beschlossenen einschlägigen Richtlinien oder Empfehlungen enthalten sind ..., nicht beachtet beziehungsweise unterschritten werden ...“.'* Damit wurden die grundsätzlich „weichen“ Regelungen bzw. Empfehlungen erheblich aufgewertet und unmittelbar zum Prüfungsmaßstab nationalen Rechts, zumindest in Deutschland. BEKRÄFTIGUNG DER 2006 ETABLIERTEN GRUNDSÄTZE Ebenso wichtig wie die neu gefassten und erweiterten Grundsätze sind die mit der Revision 2020 bestätigten Grundsätze, die als nicht reformbedürftig angesehen wurden. Zur Erinnerung: Die EPR 2006 hatten im Vergleich zu den Vorgängerregelungen erstmals sog. Grundprinzipien (Basic principles) formuliert.'’ ı° Dünkel et al., Europäische Strafvollzugsgrundsätze verabschiedet! Neue Kriminalpolitik, 86; zur Rspr. des EGMR vgl. Dirk van Zyl Smit — Sonja Snacken, Principles of European Prison Law and Policy, Oxford, OUP, 2009; Gaétan Cliquennois — Sonja Snacken, European and United Nations monitoring of penal and prison policies as a source of an inverted panopticon?, Crime, Law and Social Change 70 (2018), 1- 8. 1 AK-Feest/Lesting/Lindemann 2017, Teil I, Rn. 10. 2 BVerfGE 116, 69 ff (= NJW 2006, S. 2093 ff). 132 AK-Feest/Lesting/Lindemann 2017, Teil I, Rn. 10. 14 Vgl. BVerfGE 116, 90 = NJW 2006, S. 2097. Vgl. dazu bereits Dünkel — Morgenstern — Zolondek, Europäische Strafvollzugsgrundsatze verabschiedet!; Dünkel, Die Europäischen Strafvollzugsgrundsätze, 141 ff. + 126 +