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DER NACHGEDICHTETE NACHDICHTER — ÁRPÁD TÓTH DEUTSCH

Welch seltsame heulende Tonflut dringt
Herüber: schnoddrig, süß, berauscht und hämmernd,
Und dieses Abends ganzer Kummer schwingt

In Klänge umgesetzt aus blauem Dämmern:

Ein Röcheln, Schreie, Fluch und all der schön
Gefärbte Alkohol in Bars, die Trunknen —
Was flößte ein dir, närrisches Getön,

Den Suff, da du umherirrtest im Dunklen?

Wo kommst, Musik, du her? Hat dich die Glut
Des Neonlichts erstrahlen lassen rötlich
Wie einen Hautausschlag aus schlimmem Blut,

Ein Nachtclub Hamburgs hingeseufzt womöglich?

[...]

Warst du bei Sklaven schwiilen Gummi-Lands
Im Kongo, Asiens Kulis, schwebtest über
Russische Steppen, des Magyarenlands
Verwaiste Felder, wurdest stets betrübter?

Was trankst du, dass du so sehr trunken klingst,
Wollüstig, schlei’rig Charlstonrhythmen hämmern
Bist du ohnmächtig ins Gehör mir sinkst —

Wie letztes Trommeln früh im Morgendämmern?

Ich schließ die Augen ... taumelig befällt
Mich die Vision: ein Riesensaxophon röhrt,
In wilder Dämmrung schwebend tanzt die Welt —

Kein Tänzer, den beim Tanz das eigne Grab stört.

Zum Abschluss seien noch zwei Gedichte aus den letzten Jahren rezitiert: Zwei
rhapsodisch-elegisch, im Grundton jedoch wie (außer Rundfunk) immer leise zu¬
rückhaltend vorgetragene Abschiedsgedichte des Dichters und unseres literari¬
schen Abends. Das eine im Ausklang Abschied vom Leben, das andere von der
Dichtkunst, für den todkranken und vermeintlich nicht verstandenen Dichter, bei¬
de fragwürdigen Sinns. Das erste betitelt Im Palace wurde von Heinz Kahlau,** das
zweite mit dem Titel Gute Nacht von Christian Polzin™ ins Deutsche übertragen.

33 Töth, Ärpäd: Im Palace [A Palace-ban]. Übers. v. Heinz Kahlau. In: Töth, Abendlicher Strah¬
lenkranz, S. 62 f.
34 Tóth, Árpád: Gute Nacht [J6 ejszakät!]. Übers. v. Christian Polzin. In: ebd., S. 56 f.