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SCHILLERS RAUBERLIED UND SEINE VARIANTEN AUF FLIEGENDEN BLATTERN

Der Verbesserung der Moral der unteren Klassen durch fliegende Blatter (im
Sinne der Erziehungsnormen des aufgeklärten Jahrhunderts) wurde in den
verschiedensten Organen recht oft Ausdruck verliehen: „Jeder Freund des ge¬
meinen Mannes“ — so steht es in Hartlebens PolizeyFama im Jahre 1802 —
„gönnt ihm wohl auch, weil er’s ist, die Freude am Singen, das ja überhaupt
räthlich ist. Nur wünschet er auch sehr, daß bessere Lieder unter dem Volke
in Umlauf kämen.“” Und in der Schleswig-Holsteinischen Chronik steht im
Jahre 1801, „Gewis lies sich gerade auf diesem Wege unvermerkt manches Gute
und Zweckmäßige zum Unterricht des Volkes zu thun [...] Es ware in der That
zu wünschen, daß sich auch bei uns Volksfreunde vereinigten, solche Blätter
zu bearbeiten.“

Man versuchte dieses erzieherische Ziel auch mit Hilfe der entsprechend
sorgfältigen Umarbeitung des zum echten Reißer gewordenen Schiller’schen
Räuberliedes zu fördern. Bereits das Flugblattlied Typ III - und noch stärker
Typ IV - entschärfte mit fröhlich-ausgelassener Kneipen- und Studentenlied¬
stimmung die kritische Aussage. An die bewusste Umarbeitung zum mora¬
lisch-erzieherischen Räuberlied machte man sich aber erst mit dem Flugblatt¬
lied Typ V. Dieses Lied war trotz des beibehaltenen Anfangsverses vom Verbot
gewiss nicht betroffen. Es repräsentiert ja gerade ein mustergültiges Beispiel
für erwünschte und erlaubte Lieder. Der moralisch-erzieherische Typ V wur¬
de von mir in der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar identifiziert, später
konnte ich in der Berliner Staatsbibliothek eine Variante davon unter dem
Titel Freiheits Lied belegen.

Flugblattlied V27

[1.]

Ein freyes Leben führen wir,

Ein edles freyes Leben!

Wir leeren mäßig den Pokal,

Beym ungezwungnen Freundschaftsmahl
Stärkt uns der Saft der Reben.

> Allgemeine deutsche Justiz- und Polizeifama. Hg. von dem Hofrath und Professor Hartleben
zu Salzburg. 16. August 1802. Nr. 95. Sp. 153-155.

26 Flugblätter fürs Volk auf der Insel Föhr. Schleswig-Holsteinische Chronik, 1801, Nr. 3, S. 9 £.
In: Blätter für Polizei und Kultur, Tübingen 1801. Drittes Stück.

27 In: „Drey schöne ausgewählte Lieder. Erstes Lied. Ein freyes Leben führen wir. Zweytes Lied.
Ueber die Beschwerden dieses Lebens. Drittes Lied. Einst verliebt sich ein Jüngling.“ (Das Lied
wurde in Strophen gedruckt.) Arien und Lieder. Anna-Amalia-Bibliothek, Weimar. Signatur
3: 63,3. Eine Variante siehe auch in der Deutschen Staatsbibliothek, Berlin, Signatur: Yd 7901,
Bd. 4, Heft 35.

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