5. BELLETRISTIK AUS UNGARN IN DEN KORRESPONDENZNACHRICHTEN
Noch mehr verfehlt ist die Ubertragung des zweiten Epigramms, das eigentlich
frei und ohne jede Andeutung von Versenden nacherzahlt wurde, dessen
an sich schon geringere lyrische Substanz mit einer Reihe frei erfundener
unpoetischer Einschiibe ganz und gar verloren ging.
Von einer wesentlich größeren Bedeutung ist die Anfang 1803 geschriebene
Würdigung über Sändor Kisfaludys A kesergö szerelem (Die klagende Liebe),
das erst anderthalb Jahre zuvor erschien und seinerzeit zu den erfolgreichsten
literaturhistorischen Ereignissen in Ungarn gehörte. Die Zeitschrift von und
für Ungern hat das Kisfaludy-Werk bereits kurz nach dessen Veröffentlichung
den deutschsprachigen Lesern in Ungarn mit sachlich anerkennenden Worten
und mit der Beifügung einer Probeübersetzung mancher Verse vorgestellt.1?
Angelehnt an diese Besprechung sorgte Karl Georg Rumy dafür, dass auch die
deutschen Leser des Merkurs diesen Erfolg in der Geschichte der ungarischen
Lyrik schon im März 1803 zur Kenntnis nehmen konnten.
Dass diese Würdigung so schnell in deutscher Sprache verbreitet wurde,
schuf damals wichtige Grundlagen für die allmählich angehende Rezeption
der ungarischen Lyrik in Deutschland, zumal in Anschluss daran trotz aller
problematischen Stellen eine wesentlich besser gelungene Nachdichtung der
entnommenen Proben (verfasst „von Andreas Friedrich Halitzky, Professor
der deutschen Sprache und Literatur an der Universität in Pesth“) beigefügt
wurde. Kisfaludys Werk gehört nach dem Merkur-Aufsatz zu „den trefflichen
Gedichten, die letzthin in ungarischer Sprache erschienen“, darin wurden
„Darstellungen dertrauernden und schmachtenden Liebe (a’ Kesergö szerelem)
geliefert“. Gleichzeitig wurde die geplante Fortsetzung angekündigt und kurz
auch über den Autor berichtet. Im Weiteren waren über „Die klagende Liebe“
u. a. noch folgende anerkennende Worte zu lesen:
Der Verfasser befolgte in seinem Werke die Idee, in einer Reihe lyrischer Gesänge
einen Roman ohne Erzählung zu liefern, und führte sie musterhaft aus! In den
Gedichten herrscht richtige Darstellung der Natur, Reinheit der Gefühle, und
Unschuld des Herzens; der Reichthum der Ideen des Dichters läßt sich nicht
verkennen. Das Sylbenmaaß besteht aus lauter Trochäen, allein die Einförmigkeit
desselben hat der Verfasser sehr geschickt zu heben gewußt.!!?
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Am Ende der Besprechung veröffentlichte der Verfasser folgende Probe!'* mit
seinen berichtigenden Fußnoten:
12 Zeitschrift von und für Ungern, Pesth, 1802, Bd. 2, S. 234-239.
13 NTM, 1803, H. 3, S. 216. Verfasser nach Starnes, Prosa-Artikel, S. 180, Nr. 723: „[Rumi]“
14 Ebd., S. 217 f. Die im NTM veröffentlichten ungarischen Verse und deren Übersetzung ins
Deutsche von Prof. Andreas Friedrich Halitzky wurden aus der obenerwähnten Besprechung
in der „Zeitschrift von und für Ungern“ übernommen, die Fußnoten dazu verfasste für den
„Merkur“ K. G. Rumy.