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VII. DEUTSCHSPRACHIGE SCHAUSPIELKUNST UND DRAMATIK IM ALTEN PEST-OFEN

und komische Alte, Odoardos, Marinellis und Franz Moore (letztere mit sehr
ausgezeichneter Vollkommenheit), böse, bisarre Weiber, muthwillige, komische,
naive, u. s. f. werden mit sehr viel Natur, Wahrheit, und Geschicklichkeit
repräsentirt; wenigstens ist [... das ganze Publikum ...] über diesen Gegenstand nur
eine Stimme. Auch stehen die letzteren bey demselben in einer [...] allgemeinen,
hie und da faßt leidenschaftlichen Achtung [...].74

Mit den drei Theatern — der Rondelle, dem Kreuzertheater und dem Theater
auf dem Festungsberg — sowie mit dem weit aufgefacherten Spielangebot
und vor allem mit den besonderen Fahigkeiten der Schauspieler sei man
in Pest bereits zehn Jahre vor der Eréffnung des grofsen Pester Theaters
den unterschiedlichsten Publikumserwartungen jeweils gattungsgerecht
entgegengekommen:

Wenn Mannichfaltigkeit der Vorstellungen das Verdienst eines Theaters erhöht, so
ist dies ganz besonders beym hiesigen Theater der Fall, in welchem Schauspiele aller
Art, militairische, bürgerliche, Familiengemählde, Lustspiele, mit fürchterlichen
Ritter- und Geisterstücken, und Gesang- und Dekorationsreichen Opern
abwechseln. Ein Reichtum an Vorstellungen und eine industriose Unermüdlichkeit
der Schauspieler, welche das Publikum allemal mit dem frequentesten Zuspruch
und dem lautesten Beyfalle belohnt.”

Man kann davon ausgehen, dass diese Worte aus einer Reihe von Briefen
über die Stadt Pest — 1802 in Pest verlegt, veröffentlicht und verbreitet —
die Meinung aller Theaterbesucher vertreten — wie es ebenda auch des
Öfteren betont wird -—, „des ganzen Publikums, das doch die entschiedenste
Kompetenz zur Beurtheilung seiner Schauspieler hat“.

Die Kunst der deutschsprachigen Schauspieler Ungarns ist für uns freilich
nicht mehr zu erleben. Erschließen und erwägen wir aber mit forschendem
Blick solcherart Texte und Textgrundlagen aus jenen Jahren, so vermögen wir
im kulturhistorischen Gedächtnis der Ungarn einmal doch noch vielleicht
zumindest — mit Friedrich Devrients Worten — für „ein Plätzchen der
Erinnerung“ an sie zu sorgen.

94 Ebd., S. 91 bzw. 294.
95 Ebd., S. 93 bzw. 294 f.

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