5. UNGARNDEUTSCHER PATRIOTISMUS IN LYRISCHEN PORTRATS UND PREISLIEDERN
Westeuropäer gemessen werden zu können bzw. durch die bereits erreichten
Resultate die Anerkennung des Auslandes verbuchen zu dürfen, wie dies z. B.
im Gedicht Dem Grafen Georg Festetits, Stifter des Georgicons zu Keszthely
seinen Ausdruck findet:
Der Völkergenius pries deine Thaten
Schon langst, und laut, als Muster aller Staaten.
[...]
Das Ausland wiirde Ungern wen’ger kennen,
Verehrt es, Edler, deinen Namen nicht;
Und dieß erkannte erst aus deinem Seegen
Was ernste Kräfte Heiliges vermögen.”
Welche große Bedeutung den literarischen Porträts solcher ungarischen
Nobilitäten im Rahmen eines allgemeinen, damals noch sämtliche
Nationalitäten-Unterschiede überwindenden ungarländischen Patriotismus
zukommt, untermauern die vielen gleichzeitig entstandenen ungarischen
Preislieder und Lobgedichte auf die gleichen Ungarn sowie auch die
patriotisch engagierte Begeisterung, mit der die ungarndeutschen Literaten
in verschiedenen ausländischen Publikationen wie z. B. im Neuen Teutschen
Merkur”? wiederholt über sie berichteten.
Im geringeren Maße können aber manchmal auch Gelegenheitsgedichte,
die für die politische Obrigkeit (oft auf Bestellung) verfasst wurden, Träger
ungarischen Lokalkolorits sein. Ofen und Pest, die beiden sich rasch zur
Hauptstadt entwickelnden Ortschaften, die Bilder vom königlichen Schloss,
der Donau u. a. m. schimmern in ihnen immer wieder auf, manchmal im
Zusammenhang mit historischen Erinnerungen an das alte Ungarn und mit
Hoffnungen auf eine bessere Zukunft des Vaterlandes.
Manche solcher Lobgedichte artikulieren auch politische Vorstellungen
der ungarndeutschen Bürger. Johann Georg Schmitz sprach in einer Gelegen¬
heitsode an seine k. k. Hoheit Joseph, den Palatin von Ungarn, im Jahre 1806
mit der notwendigen Vorsicht und Ehrerbietung recht heikle Fragen an,
indem er die patriotischen Gefühle und die ökonomischen Interessen der
Zipser Bürger miteinander verband. Dabei korrespondierten die - wenngleich
vorsichtig vorgetragenen — Worte gegen das Ende der Ode weitestgehend mit
72 Ebd.
73 Vgl. Der neue teutsche Merkur, 1802, Bd. 1, H. 4, S. 265; 1802, Bd. 2, H. 7, S. 201-207;
1803, Bd. 1, H. 1, S. 3. u. H. 3, S. 219; 1803, Bd. 2, H. 6, S. 141-144; 1804, Bd. 1, H. 1, S. 76 f.
Ausführlicher dazu siehe Kap. XI.