III. DIE DICHTUNG DER DEUTSCHSPRACHIGEN UNGARN UM 1800
des literarischen Lebens. Die poetischen Oualitáten betreffend folgte man
nicht unbedingt dem, was die literarischen Programme der Zeit enthielten,
sondern unter Umstánden auch dem, was der jeweiligen Mode entgegenkam,
mit anderen Worten, was einem gefiel bzw. was man verkaufen konnte. Solche
Gedichte enthalten deshalb mindestens so viele Informationen iiber die
Konsumenten der Literatur wie tiber ihre Autoren.
5. UNGARNDEUTSCHER PATRIOTISMUS
IN LYRISCHEN PORTRATS UND PREISLIEDERN
Zu den ungarndeutschen Gedichten mit ungarischer Aussage und Thematik
gehören auch die vielen Lob- und Preislieder auf hervorragende Persönlich¬
keiten der Gegenwart wie z. B. auf den Grafen Ferenc Szech£nyi, den Begründer
der ungarischen Nationalbibliothek in Pest, auf den Grafen György Festetics,
der in Keszthely mit seiner europaweit bekannten landwirtschaftlichen
Akademie, dem sogenannten Georgicon, sowie mit der kontinuierlichen
Förderung der Entwicklung der ungarischen Kunst und Literatur den Ruhm
eines Mäzens von einem „ungarischen Weimar“ erlangte, wie auch auf den
damals durch seine wissenschaftlichen Abhandlungen und Reiseberichte
berühmten Grafen Vinzent Batthyäny u.a. m. In Carl Anton Grubers Hymnus
an Pallas-Athene und Hymnus an Pannonia befassten sich wichtige Passagen
mit den Verdiensten dieser und anderer Nobilitäten Ungarns (z. B. auch mit
denen des Grafen Johann Esterhäzy von Galantha).‘®
Besonders bedeutend sind die drei Gedichte auf F. Szechenyi, Gy. Festetics
und V. Batthyäny im Pester Musen-Almanach auf das Jahr 1804, unter¬
zeichnet von R., ebenda das Szechenyi-Gedicht von Ludwig Schedius.‘ Sie
behandeln ausführlich ihre beispielhaften Taten im damaligen Ungarn für
die kulturelle Entwicklung, den gesellschaftshistorischen Fortschritt und
den europaweiten Ruhm des gemeinsamen Vaterlandes dieser ehrwürdigen
Männer und der jeweiligen Dichter.
Im feierlichen Preislied Dem Grafen Franz Szecheny, als er mit seiner
trefflichen Büchersammlung der Nation ein öffentliches Geschenk machte
(1802) wurde z. B. der mögliche Fortschritt des Königreichs durch den
Gruber, Carl Anton: Hymnus an Pallas-Athene. Presburg: bey Georg Aloys Belnay, 1802, S.
52; sowie Hymnus an Pannonia, S. 31 ff. In: Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 1, S.
118 f, 125-131.
[R.]: Den edelsten der Ungarn. Dem Grafen Franz Széchényi. Dem Grafen Georg Festetits,
Stifter des Georgicons zu Keszthely. Graf Vinc. Batthan [sic!]. In: Musen-Almanach von und
für Ungern auf das Jahr 1804, S. 43-48, 75 f. In: Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 1,
S. 221-224, 260.