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auf Gesundheit oder Krankheit; auf Ehre und Gewinst; auf Freunde oder Feinde; auf
Liebe und Ehestand; Wohnort und Reisen p. p. vorherverkündigen, mit sterndeuterischer
Pralerey vorgespiegelt.

Doch die üblichste und entehrendeste Wahrságerey, wird unter dem schlechten Pöbel
bis noch immerfort dadurch getrieben, wenn man in allerhand Nöthen und Anliegen
zu beschrieenen alten walachischen Hexen lauft, und bey ihnen beiláufig folgende
Anfragen thut 1. Wer wol der Thäter des erlittenen Diebstahls, Geldes, Viehes u. s. w.
seyn möchte?

2. Wohin die gestohlnen Sachen praktiziret worden seyen?

3. Ob noch einige Hofnung zu dem Gestohlnen zu gelangen übrig sey?

4. Wie es zur Erreichung dieser Absicht anzustellen?

Es ist dieses abergläubische Benehmen eine Versündigung, deren sich Sachsen und
Unger, Walachen und Zigeuner ohne Scheu schuldig machen. Der, vor nur wenigen
Jahren in dem Dorfe N. N. verübte Kirchendiebstahl, verleitete den Friedhofhüter, sich
zu einem in Burzenland berüchtigten großen Wahrsäger zu verfügen, und deßen
Beistand zur Entdeckung des wichtigen Diebstahls sowohl, als vornehmlich derer
Thäter zu erkaufen.

Der Wahrsager mühete den armen Rathfrager neuerdings in sein weitentlegenes Dorf
nach Hause, mit dem Auftrag, ihm

1. Drey Stücke von Leinzeug oder Kleindungsstücken, oder andern bey dem gediebeten
Gelde gelegenen Sächelchen mitzubringen.

2. Neun Pfefferkörner, neun Stecknadeln und eben soviele Knoblauchspählen, die er
nicht borgen sondern aus seiner eignen Haushaltung hergeben müßte, ihm, Wahnsägern
zubehändigen, als welche Sächelchen er alle zu seiner Kunst unumgänglich brauche.
Nachdem also der Friedhofhüter dem Wahrsäger alle vorgeschriebne [Seite 72>] Dinge
treulich und pünktlich vorgelegt hatte, legte dieser auf alle und iede seine talismanische
Kraft; ließ sich bezahlen, und trug dem Friedhofhüter auf:

1. Den ersten Freytag nach seiner Nachhausekunft, den Ort des erlittenen Diebstahls
ganz nackend zu betretten,

2. Denselben mit einem umgewandten Beßen so rein als möglich von allem Kehricht
zu saubern.

3. Einen runden Kreiß mit einem Brodmeßer auf die gesäuberte Erde zu zeichnen, und
unter gewißen Beschwörungsworten, - in die Runde, abwechselnd, in ein Pfefferkorn,
dann eine Knoblauchspähe und dann eine Stecknadel in die Erde zu stecken, und
damit solange, bis nichts mehr übrig geblieben, beschwörende fortzufahren. Endlich
aber

4. Sich wieder anzukleiden, und rückwärts zusamt den weggetragnen Kehricht in sein
Quartier zu kehren, mit Versicherung

5. Der Thäter müßte von Todesängsten gefoltert, sich unverzüglich vor ihm stellen.
Aber das ganze Resultat der großen Hofnungen, womit der in April geschickte Hüter
zweymal zu Fuß nach Burzenland hin und wiederum herging; außerdem aber auch

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