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daß Engel oder Teufel sehen, das erstere einen nahen Tod; das leztere aber großen
Gewinn vorherverkündige u. d. gl.

Nun darf zwar nicht geläugnet werden, wie sonderbar sich manche merkwürdige
Träumen in dem Leben eines und des andern Menschen in der Zeitfolge bestättigt
haben; davon das allgemeine Magazin der Kunst und der Natur VIII Theil 149 Blat.
mehrere Anekdoten enthält. Und vornämlich hält man diejenigen Träume, die sich
unsern Seelen gegen den Morgen darstellen, und wider Willen sehr tiefe Eindrücke in
uns machen, für bedenklich und ominöß. Aber wenn wir andrerseits auch die vielen
vergeblichen Träume, die nie erfüllet wurden, damit vergleichen, so muß das
prophezeyende Ansehen der Träume in unsern Augen mächtig verlieren.

Gleichwol hält es schwer, dem Pöbel auch dieses Erbstück seiner Thorheit entreißen
zu wollen, und ihn zum Nachdenken zu bringen 1, wie oft er gerade das Gegentheil
von demjenigen im Traume sah, was ihm nachher begegnete. 2, Daß selbst Altvater
Sirach bezeuge: Ein Hochschäzzer der Träume greife nach dem Schatten. Und 3, daß
ein Weiser seine merkwürdigen Träume, nur als Warnungen für Leichtsinn und
Unbesonnenheit zu benuzzen habe. [Seite 70>]

An das Gebiet der Träumedeuter gränzet der Artikel: Wahrsagerkunst.

Es ist zwar in dieser Materie unter der Rubrik: Chiromantie - eins und das andre
vorausgeschicht worden. Gleichwol möchte allhier noch etwas Lokalere nachzuholet
zu werden übrig seyn. Die Rede ist aber weder von jener politischen noch
physiognomischen Wahrsagerkunst, wo vermittelst der Erstern der Homer Frankreichs,
Voltaire, schon etliche Jahre vorher die erstaunliche Revolution dieses großen
Staatskörpers weißßagete, noch wo vermittelst der Leztern, Lavater durch in des
Menschen geheime Gesichtszüge in die verborgensten Falten seiner Gesinnungen
hinabblicken zu können, vorgiebt.

Blos die astrologische und die pöbelhafte wird mich ein paar Minuten beschäftigen.
Daß das gemeine Volk auch auf die astrologische Wahrsagerey etwas halte, bezeugen
ihre im Unglück geführten Klagen, und bey dem Glücke Andrer zuführen gewohnter
Raisonnements. „Ich bin“ sagt so macher Thor, der sich selbst elend gemacht hatte’
„ich bin zum Unglück gebohren“ - „mein Unstern hat es also gewolt“ - „mir scheinet
weder Glück noch Stern“ p. p. Und von dem andern heißt es: Ie ärgerer Schalk, ie
beßres Glück; - und wem das Glück wohl wolle, kalbe auch ein Ochse —

Diese schon vorhandne Grundlage zum astrologischen Aberglauben, wißen ihre
Kunstverständigen meisterhaft zu benützen, und dem leichtzutäuschenden Volke, ums
Geld ihre Nativität zu stellen. Alles kommt, wie sie sagen, auf die Geburtsstunde an,
in welcher Konstellation mit freundlichen oder feindseeligen Aspekten die gedachte
Stunde eingetrofen habe! Und nach derselben wird der Anfragende, vom Astrologen
durch alle sogenante 12 Häuser spaziren geführt, und ihm in iedem Hause, was die
Sterne ihm für Glück oder Unglück, in Absicht auf langes oder kurzes Leben; in Absicht

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