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sehen, wie sein Knecht den Weg verfehlete, und meinen Freund mit allem Zugehör in
die Elbe stürzte. - Den damaligen Zustand meiner Seele kan ich unmöglich beschreiben.
Ich hatte Grund zu glauben, daß dieses ein Beweiß der göttlichen Regierung sey. Ich
wendete mich zu meinem Gott p. p. p.” Bis hieher des Hochlöblichen Geheimdenraths
Daries Erzehlung.

Eine Parallelbegebenheit finde ich in dem allgemeinen Magazin, von der Madame von
Beaumont, [7 dem VIII Band Seite 117. von ihr selbsten angeführt:

„Meine ganze Familie, heißt es daselbst, besinnt sich noch auf einen Zufall, für dem
mein Vater, durch Hülfe der Ahndungen, in seiner Jugend bewahret ward. Eine von
den gewöhnlichen Ergötzungen in der Stadt Rouen ist die Spazierfahrt auf dem Fluße.
Mein Vater fand an diesen Spazierfahrten ein großes Vergnügen, und ließ wenige
Wochen vorbeygehen, ohne daßelbe zu befriedigen. Er verband sich mit einer
Gesellschaft, nach Port-Saint-Quen, zwo Meilen von Rouen zu fahren. Man hatte ein
großes Mahl und viele Instrumente in das Schiff gebracht, und alles machte sich zu
einer angenehmen Schiffahrt Hofnung.

Indeßen, da es Zeit war, auszugehen, stieß eine von meines Vaters Tanten, die taub
und stumm war, eine Art von einem Geheule aus. Sie stellte sich an die Thüre, und
versperrete und verrammelte sie mit ihren Armen. Sie schlug die Hände zusammen,
und gab meinem Vater durch Zeichen zu verstehen: daß sie ihn beschwöre, zu Hause
zu bleiben. - Mein Vater, der sich von dieser Spazierfahrt vieles Vergnügen versprochen
hatte, trieb mit ihrem Bitten einen Spott, und trachtete sich loszuwinden. Allein dieses
Frauenzimmer fiel ihm zu Fuße, und bezeugte ein so heftiges Kümmerniß, daß er sich
entschloß, seine vorgehabte Lustreise auf einen andern Tag aufzuschieben.

Mein Vater bemühete sich, auch die übrie Reisegesellschaft von der angestellten
Lustbarkeit, nach seinem Beispiele, abzuhalten. Man spottete über seine Gefälligkeit
gegen eine einfältige Schwester; man ließ ihn zurücke, und reisete ab. Kaum aber war
das Schiff auf halbem Weg; so hatten diejenigen, welche darinnen waren, Ursache es
zubereuen, daß sie ihrem warnenden Freunde kein Gehör gegeben hatten. Denn ihr
Schiff riß voneinander. Die meisten von der Gesellschaft kamen ums Leben. Und die
Übrigen noch geretteten, wurden für Schrecken nachher der äußersten Lebensgefahr
ausgesezt.”

Noch eine Anekdote; ein auffallendes Beyspiel von Ahndungen darf ich nicht
unterdrükken, für deßen Avtentie hiesige mehrere noch lebende, unverwerfliche Zeugen
gut stehen: Hochlöblicher Steph.[an] Valentini, Stuhlrichter meiner Vaterstadt, verfügte
sich bey scheinbar guter Gesundheit zu dem damaligen Burgermeister Hochlöblicher
Georg Polder, an einem Nachmittage, mit der sonderbarsten aufgetragnen Kommißion,
damit Lezterer dem Erstgenanten an folgendem Tag Leichenvater zu seyn, die
Mühewaltung auf sich nehmen möchte! Und Hochlöblicher Valentini war von einem

587 Jeanne-Marie Leprince de Beaumont.

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