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PROTESTANTISCHE PASTOREN...

sondern ließ auch unzählige Elemente des zeitgemäßen Wirtschaftens verbrei¬
ten, und stellte damit die traditionellen gesellschaftlichen Rahmen in Frage.
Ihm schwebte der selbstversorgende und handelnde familiäre Landwirt vor
— all dies zu einem Zeitpunkt, als der Kanzler Maria Theresias, Kaunitz, 1776
in einer Denkschrift auf die Rolle und die Möglichkeiten der Dorfschulen bei
dem Unterricht von landwirtschaftliche Kenntnissen aufmerksam machte.”

Die Tätigkeit Tessediks auf dem Gebiet des Weinbaus ist nicht bekannt, sie
wird von seinen Biographen nur flüchtig erwähnt. Anfang des 19. Jahrhunderts
veröffentlichte er mehrere Artikel über das Thema. In erster Linie wollte er die
fehlerhaften Methoden verbessern, die zeitgemäße Fachliteratur studieren,
wobei er der Muskatellertraube besondere Aufmerksamkeit schenkte. Die in
12 Punkten zusammengefassten Mängel des ungarischen Weinbaus ergänzte
er mehrmals in der Zeitschrift „Oekonomische Neuigkeiten und Verhandlun¬
gen“. Als wichtigsten Faktor für den guten Anbau sah Tessedik die Rebsorte
an. Deshalb nahm er 1774 aus Pozsony (Preßburg/Bratislava, heute in der Slo¬
wakei) Vermehrungsmaterial mit und verpflanzte diese auch. Er beobachtete
die verschiedenen Rebsorten, konnte aber wegen der großen Vogelplage nur
weit entfernt von dem Rebgarten Erfolge verbuchen. Die Verpflanzung von
Obstbäumen zwischen die Reben hielt er für falsch, seiner Ansicht nach ver¬
schlechterte sich dadurch die Qualität der Weine.

III.

Die protestantischen Pastoren wirtschafteten auch auf dem Gebiet des Obstan¬
baus beispielhaft. Besonders in Nordost- und West-Ungarn standen viele Obst¬
bäume in den Gärten, deren Früchte zu Produkten verarbeitet werden konnten,
und so das Einkommen ergänzten, wenn sie getrocknet verkauft oder im eige¬
nen Haushalt verwendet wurden. Herausragend auf diesem Gebiet war Janos
Bogsch (1745-1821), dessen Büchlein über den Anbau von Obst und Gemüse
1793 in Wien erschien mit dem Ziel, die Vielfalt der angebauten Sorten der
Gärten zu erhöhen.“ Bogsch war Lehrer an der evangelischen Schule Pozsony
(Preßburg/Bratislava, heute in der Slowakei) und empfahl den interessierten
Liebhabern des Gartenbaus die Werke Philip Ernst Lüders (1702-1786) sowie
sein eigenes Buch, und zwar nicht nur professionellen Gärtnern, sondern auch
Bauern und Stadtbürgern, die Gärten besaßen. Obwohl das Werk ziemlich kurz

39 Balázs, Hungary, S. 190-195.

#0 Bogsch, Johann: Kurze und auf Erfahrung gegründete Anleitung, nützliche Obstbäume und un¬
entbehrliche Küchengewächse für bürgerliche Haushaltungen zu erziehen. Wien: Doll, 1793,

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