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ZSIGMOND CSOMA

Tessedik dem Gartenbau so große Bedeutung beimaß: Er nahm richtigerweise
an, die wirtschaftlich-gesellschaftliche Situation der Familienwirtschaften so
verbessern zu können. Damit war er den späteren Verfechtern des „Garten-Un¬
garns“, die die Armut der Landwirte ebenfalls mit dem familiären Gartenbau
und dem Aufzeigen von Beispielen beheben wollten, um anderthalb Jahrhun¬
derte voraus. Ebenfalls der Tätigkeit Tessediks ist es zu verdanken, dass eine
große Zahl junger Menschen in der Schule von Szarvas, in dem Lehrgarten und
in der Umgebung des Pastorenhofes mit den rationalen landwirtschaftlichen
Methoden vertraut gemacht wurden. 1791 betrug die Zahl der Schüler mit den
früher immatrikulierten zusammen bereits 991.°”

Dank der Anstrengungen und des rationalen Wirtschaftens konnte Tessedik
zufrieden feststellen, dass sogar die Krankheiten seltener geworden waren, „(...)
der Lebensstil der Bewohner ist zwar zum Teil noch der alte, aber sie essen jetzt
mehr Hiilsenfriichte, Gemiise, Kraut, Salat und Obst.“** Die Ratio Educationis
von 1777 verlangte von Studenten der philosophischen Fakultät auch schon
landwirtschaftliche Kenntnisse. So wurden in allen fünf Graden der unga¬
rischen Schulen, und an der philosophischen Fakultät der von Nagyszombat
(Tyrnau / Trnava heute in der Slowakei) zuerst nach Buda (Ofen), dann nach
Pest umgezogenen Universität auch landwirtschaftliche Erkenntnisse gelehrt.
Mit dieser Aufgabe wurde Lajos Mitterpacher beauftragt. Er übernahm die Idee
Tessediks, dass die Pastoren und Lehrer in den Dörfern eine bedeutende Rolle
bei der Verbreitung der landwirtschaftlichen Kenntnisse spielen sollten. 1784.
schrieb in einem Fachgutachten an den Statthalterrat, dass es ein Fehler war,
den Unterricht von landwirtschaftlichen Kenntnissen an der theologischen
Fakultät abzuschaffen, da die Pastoren und Priester so diese wichtige Aufgabe
nicht erfüllen konnten. Er legte fest, dass der Landwirtschaftsunterricht in
der fünfjährigen TIheologenausbildung als eigenständiges Pflichtfach einge¬
führt werden müsse, denn eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des
Landes sei nur durch eine Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion
zu erwarten.

Generelle und spezifische wirtschaftwissenschaftliche Erkenntnisse konnte
man, abgesehen von praktischen Erfahrungen, in organisierter Form bis zur
Mitte des 18. Jahrhunderts nirgendwo erwerben. In Ungarn verwirklichte dies
Samuel Tessedik als erster, und er dachte dabei nicht nur an den Unterricht,

37 ebd. S. 74-84.

38 Tessedik lief dietätische Beschreibungen und die Heilmethoden von verschiedenen Krankheiten
in die evangelischen GDorfschulen eingeführen. ebd. S. 70. Er hat auch die Benutzung Tissot’s
Werke anempfohlen, z. B. Tissot, Samuel-August: Anleitung für das Landvolk in Absicht auf seine
Gesundheit (...). Aus dem Französischen übersetzt durch H.L. Hirzel. Wien: Trattner, 1786.

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