Mihren und Österreich). Diese Beispiele kannte Tessedik von seinem Vater, der
tschechisch-mährischer Abstammung war, sowie durch die Tätigkeit des Pre߬
burger evangelischen Kreises, und er hatte auch selbst Erfahrungen gesammelt,
als er sich in Erlangen und Göttingen aufhielt. So begann er seine Lehrtätigkeit
mit Schülern der Grund- und Mittelstufe, und später seine volkserzieheri¬
sche- und Reformtätigkeit, wobei er die Bewohner der Umgebung praktisch
in landwirtschaftlichen Arbeit unterrichtete und damit ihr Leben veränderte.
Wir sehen das Bild des evangelischen Pastors, der die Voraussetzung für die
finanzielle Grundlage einer höheren Lebensqualität in der landwirtschaftlichen
Produktion und in dem Aufstieg der ländlichen Gebiete sah.
Der Unterricht und das persönliche Beispiel waren wirkungsvolle Methoden
zur Verbreitung von Kenntnissen im 18.-19. Jahrhundert, allerdings waren sie
nur auf kleine Gebiete und wenige Menschen begrenzt. Die Tätigkeit Tessediks
in der Verbreitung der europäischen wissenschaftlichen Errungenschaften auf
dem Gebiet der Landwirtschaft und der Dorfentwicklung ist in Ungarn von
herausragender Bedeutung wie auch sein persönliches Beispiel und seine Lehr¬
tätigkeit. Er warb neben dem Reform des Weinbaus auch für die Erneuerung
der Wirtschaft. Seine theoretische wie auch seine praktische Tätigkeit, seine
wissenschaftliche Arbeit bilden einen Rahmen und sind von musterhafter,
bahnbrechender Bedeutung. Trotz seinen respektablen Vorstellungen konnte
er nicht eine derartige Veränderung bewirken, welche angesichts der inves¬
tierten Arbeit und Energie hätte erwartet werden können. Objektiv betrachtet
müssen wir feststellen, dass seine Wirkung auch in Szarvas (Südostungarn)
begrenzt war, es ist aber nicht zu bestreiten, dass seine Vorstellungen seiner
Zeit weit voraus waren. Sein Gesamtwerk umfasste drei Gebiete: theore¬
tisch-praktische fachliterarische Tätigkeit, wirtschaftliche Fachbildung und
die theoretisch-praktische Weiterentwicklung der wirtschaftlichen Produk¬
tion, was sich im Allgemeinen auch auf gesellschaftliche Reformen und die
Dorfentwicklung bezog.
Er schrieb neben Lehrbüchern, Lehrplänen und praktischen Bildungsanwei¬
sungen auch wissenschaftliche Fachschriften. Letzteres begann er zwar relativ
spät, bereicherte seine Arbeiten aber mit seiner ganzen Lebenserfahrung. Er
war 42 Jahre alt, als sein erstes, und zugleich wichtigstes Werk erschien. Aber
auch so hinterließ er ein reiches Lebenswerk: etwa vierhundert Titel, gedruckt
oder als Manuskripte. 1784 erschien sein Hauptwerk Der Landmann in Ungarn,
was er ist und was er sein könnte, welches der aufgeklärte Graf Ferenc Széche¬
nyi (1754-1820) von Jänos Könyi ins Ungarische übersetzten ließ und 1786 in
Pecs (Fünfkirchen) unter dem Titel „A paraszt ember Magyarorszägon mitsoda
es mi lehetne” („Was ist und was sein sollte der Bauer in Ungarn“) veröffentlicht