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GYÖRGY KURUCZ nach englischem und flandrischem Vorbild, sowie die so erlangten Fachkenntnisse und Errungenschaften auf nationalwirtschaftlicher Ebene umzusetzen. Die Neuerungen beschränkten sich allerdings nicht einzig auf die Einführung moderner Agrartechnik; sie richteten sich gleichermaßen auf die Anwendung von Lohnarbeit sowie die Vermittlung und die ersten Schritte zur ungarnländischen Verbreitung neuer Konzepte der Betriebswirtschaftslehre als potentiellen Ausgleich der Periodizität bei der Konjunktur landwirtschaftlicher Produkte. Das Georgikon leistete somit einen wesentlichen Beitrag zur Neugestaltung der Produktionsstruktur des Königreichs Ungarn, eines der mit Hinsicht auf die Lebensmittelherstellung und die Produktion von Industrierohstoffen bedeutendsten Länder des Habsburgerreiches.* Im Folgenden sollen in dem hier zur Verfügung stehenden Rahmen der Aufbau und die Organisation der Hochschulinstitution von Keszthely — eine Bildungsstatte, die den Grundstein zur Jahrhunderte langen Tradierung der landwirtschaftlichen Ausbildung in Ungarn niederlegte — sowie die Tatigkeit und das Wirken von drei emblematischen, einem langeren Studienaufenthalt im Ausland folgend nach Keszthely kommenden Lehrerpersönlichkeiten näherer Untersuchung unterzogen werden. Hierbei kann es nicht umgangen werden die Korrelationen in Verbindung mit dem auf Grund der Tätigkeit und das Wirken dieser Lehrerpersönlichkeiten ausformenden Curricula, dem weiteren Rezeptionsumfeld und dem internationale Beziehungsnetzwerk sowie den spezifischen Zügen ihrer konkret praktischen Lehrtätigkeit und ihres fachschriftstellerischen Wirkens umfassend darzustellen. Hierbei sei darauf hingewiesen, dass das Georgikon ebenfalls mit Hinblick auf seinen konzeptionellen und zielbewusst erweiterten Fachbibliothekbestand, dank u. a. der tatkräftigen Unterstützung seines Gründers Graf György Festetics, bedeutsames Ansehen genoss, und zwar nicht allein im Königreich Ungarn, sondern ebenfalls in den anderen Ländern des Habsburgerreichs.° * Zur allgemeinen und übergreifenden Darstellung zeitgenössischer Politikgeschichte, s. Baläzs, Eva H.: Hungary and the Habsburgs 1765-1800. Budapest: Central European University Press, 1997. Betreffend die statistischen Daten zur Landwirtschafts- und Industrieproduktion, insbesondere mit Hinsicht auf die Ertragsrate Wilson, Charles / Parker, Geoffrey (Hgg.) An Introduction tot he Sources of European Economic History 1500-1800. New York: Cornell University Press, 1977, S.121. Zu den Besonderheiten der zeitgenössischen Agrarproduktion in Ungarns N. Kiss, István: Az agrármonokultúrák és Magyarország aktív külkereskedelmi mérlege, 16-18. század. In: A Magyar Mezőgazdasági Múzeum Közleményei 1981-1983. Budapest: Magyar Mezőgazdasági Müzeum, 1981, S. 209-227. Erzherzog Johann, der mit der Stiftung des Johanneums in Graz die Grundlagen für die fachschulische Ausbildung in der Steiermark schuf, beschrieb mit den folgenden Worten seine Eindriicke, die er wahrend seines Aufenthalts in Keszthely sammelte, in einem an Festetics gerichteten Brief: „Ich habe die Gelegenheit gehabt, Ihren patriotisch rühmlichen Eifer während meines * 134 +