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Bei Weszprémi ist auch nachzulesen, dass Hunyadi vor Padua und Frankreich
sich nach England auf eine Studienreise begab. Von seiner möglichen Englandreise
blieb eine vage, jedoch umso interessantere Spur erhalten: ein medizinisches Hand¬
schrift-Kolligat vom Ende des 16. Jahrhunderts, das in der Ashmole-Sammlung der
Oxforder Bodleian-Bibliothek aufbewahrt wird (ms. 1425, 1-14”). Auf der ersten
Handschrift des Kolligats ist der Eintrag einer von der des Abschreibers der Handsch¬
rift abweichenden Hand zu lesen: per Franciscum Hunniadium, das heißt „von Ferenc
Hunyadi”. Die Frage ist nun, wie konnte dieses Buch nach Oxford gelangen? Zur
Beantwortung der Frage finden wir zwei Anhaltspunkte: der eine ist die Ashmole¬
Sammlung selbst, der andere wiederum obiger aus drei Worten bestehender Eintrag.
Ein wichtiger Umstand ist, dass der Weg des Manuskripts klar und genau bis Elias
Ashmole (1617-1692), einer geschätzten und vielseitigen Persönlichkeit zurückver¬
folgt werden kann: er war gleichzeitig Mazen, Freimaurer-Politiker, Kunstsammler,
Astrologe, Alchimist und zudem auch noch Arzt, der an der Oxforder Universitat im
Jahr 1669 den Doktortitel erwarb. Er schenkte nicht nur seine aus mehreren Taus¬
end Exemplaren bestehende Handschriftensammlung von unschätzbarem Wert der
Universität Oxford, in welcher Sammlung ja auch das Manuskript Hunyadis erhal¬
ten blieb, sondern begründete mit seiner riesigen Kunstsammlung das Ashmolean
Museum, das auch heute noch besucht werden kann. Der andere, womöglich noch
aufregendere Anhaltspunkt, den wir haben, ist der Eintrag selbst, der die Handsch¬
rift Hunyadi zuschreibt. Wir sind in der glücklichen Lage, dass die eintragende
Hand ebenfalls identifiziert werden kann: der Eintrag stammt von Richard Napier
(1559-1634) dem Geistlichen von Linford, einem Magier, Astrologen, Alchimisten
und Arzt. Was besonders wichtig ist im Zusammenhang mit Hunyadi: Napier hatte
eine reiche Bibliothek, in die er besondere und auserlesene - nicht nur medizinische
Bücher — zusammentrug. Zu diesen gehörte auch Hunyadis Handschrift. Anhand
dieser Bücher können wir natürlich nicht bestimmen, welche Verbindung zwsischen
Hunyadi und/oder der Handschrift, und/oder Napier gewesen sein mochte. In die
mögliche Geschichte der Handschrift passt indes sehr gut eine weitere Person und
auch deren Bibliothek hinein, und diese ist niemand anderer als der Lehrmeister von
Napier, ein gewisser Simon Forman (1552-1611). In Bezug auf den Possessor der
Hunyadi-Handschrift ist Forman allein schon deshalb keine aus der Luft gegriffene
Möglichkeit, weil er bei seinem Tode seine ärztliche, astrologische, philosophische
und alchimistische Handschriften- und Büchersammlung gerade Richard Napier
vermachte. Aufgrund des uns bekannten Datenmaterials sind es diese beiden Per¬
sonen, über die die Handschrift in die Ashmole-Sammlung gelangte. Das bedeutet
also, dass wir aufgrund des derzeitigen Informationsstandes Hunyadis Peregrination
wie folgt rekonstruieren können. Irgendwann in den 1570er Jahren dürfte er mit
der Unterstützung Stephan Bäthorys seine Studienreise angetreten haben. Er dürfte
katholischen Glaubens gewesen sein und sein Universitätsstudium, indem er einen
großen Bogen um die berühmten deutschen protestantischen Universitäten machte,

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