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DIE FRIEDENSBOTSCHAET DES MIKLÓS RADNÓTI — DEUTSCH als die ganze Jugendlyrik zu vermitteln im Stande war. Die Vorahnung des eigenen von „Wolfsrudeln“ und „Horden“ bedrohten Schicksals verkettet sich von nun an mit dem Vorgefühl vom Schicksal der Heimat und Europas. So entstehen im Jahre der nationalsozialistischen Machtübernahme in Deutschland auch die neuen moralischen und künstlerischen Normen, die Eckpfeiler der ‚ars poetica‘ des bereits reifen Dichters, denen er von nun an sein ganzes Leben lang treu bleibt. Ihre komprimierte Mitteilung findet er bei seinem dichterischen Neuanfang im Jahre 1933 so zwingend, dass er die Ich-bezogene Bedeutung und Funktion der Bildersprache als Träger der neuen poetischen Aussage am Gedichtende mit unmissverständlicher Deutlichkeit entschlüsselt: Also kämpfe auch ich und also werd ich einst falln, und späteren Zeiten zur Lehre bewahrt meine Knochen die Landschaft. Damit nimmt die „Sendung“ der Antikriegs- und Friedensbotschaft von Miklös Radnöti an „spätere Zeiten zur Lehre“ ihren eigentlichen Anfang. * Radnötis Botschaft wurde ein Jahrzehnt lang, bis zu seiner Ermordung im November 1944, „gesendet“ — darüber hinaus sogar, da die letzten poetischen Bekenntnisse erst 1946 nach der Öffnung des Massengrabes in Abda zugänglich wurden. An dem „Empfang“ dieser lyrischen Botschaft sind in Ungarn seit dem Tode des Dichters von Jahr zu Jahr zunehmend breite Leserschichten interessiert. Es gibt auch seither kaum einen ungarischen Dichter, der sich ihrer Wirkung hätte entziehen können oder wollen. Die harmonisch ausgewogene Zukunfts- und Friedenszuversicht des Dichters verkündete um 1945 als humanistisches Erbe der vergangenen Jahre für jeden einen möglichen Neuanfang. Seine Gedichte verloren aber auch später nichts von ihrer Aktualität. Die poetisch konstituierten Verhaltensmodalitäten dieses Erbes gelten bis heute als zuverlässiger Maßstab bei der Suche nach kathartischer Selbstfindung des Menschen. Radnöti, der zu Lebzeiten außerhalb eines begrenzten Kreises von Literaten und echten Kennern der zeitgenössischen ungarischen Lyrik kaum bekannt war, wurde in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg sowohl im Prozess der Vergangenheitsbewältigung und der kontinuierlichen Auseinandersetzung mit der Gegenwart als auch bei der jeweils aktuellen Zukunftsorientierung zum poetischen Wegweiser der neueren, jüngeren Generationen, so wie er dies 1934 im Ausklang des Gedichtes Auf den Paß eines Zeitgenossen? von sich (ähnlich wie ein Jahr davor in Wie der Stier) bereits mit unbeirrten Prophetenworten, die nur großen Dichtern eigen sind, verheißen hatte: 5 Radnöti, Miklös: Auf den Paß eines Zeitgenossen [Kortärs ütlevelere]. Übs. v. Franz Fühmann. In: Ungarische Lyrik des zwanzigsten Jahrhunderts. Hg. u. biographische Notizen v. Paul Kárpáti. Berlin / Weimar: Aufbau-Verlag, 1987, S. 193-194. (Hervorhebung L. T.) + 243 +