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DER NACHGEDICHTETE NACHDICHTER — ÁRPÁD TÓTH DEUTSCH In den letzten Jahren vertiefte sich in Tóths Lyrik der Pessimismus. Der funktionale Charakter des pessimistischen Grundtons verschob sich dabei einigermaßen vom Individuellen auch in die Richtung eines kollektiven Gefühls breiteren Umfangs. Und wenn auch Ärpäd Töth die ihm ureigene poetische Stimmung leise zurückhaltender Resigniertheit prinzipiell auch fürs Weitere beibehalten hat, so veränderte sich Einiges auch im Inhalt und Ausdruck seiner Gedichte. Sie wurden jedenfalls schlichter als in seiner angehenden Dichtung.Wesentlich deutlicher kamen auch direkte Bezugnahmen zur erlebten Gegenwart wie auch zu der fortschreitenden tödlichen Krankheit zum Ausdruck. Von nun an ragen immer wieder zeitkritische Motive aus der klagenden Monotonie heraus mit dem Anspruch, einen allgemeinen Anklang in den Lesern zu finden. So z. B., wenn er 1919 von „des Jüngsten Tages Beben“, von „des Sturmes Trauermacht“, und der „Schwärze tiefer Nacht“ schreibt (Seele aus Schatten gewoben, übersetzt von H. S. Milletich),”? oder 1927 behauptet (roh übersetzt): Dies sind die Tage des Antichrist. Es glänzt der Welt entsetzlicher Gold-Müll, Kichernde Niemande, Schufte mit Krallen Steigen gen Himmel.”* Lyrisch höchst ausdruckvoll ist die mit der metaphorischen Größenordnung kosmischer Entfernungen potenzierte Vereinsamung des Menschen in dem Gedicht Von Seele zu Seele.” Die überzeugende deutsche Nachdichtung von Günther Deicke soll an dieser Stelle mit den beiden in Ungarn allgemein bekannten Schlussstrophen dieses Gedichtes veranschaulicht werden: Was weinst du, Stern! Du bist nicht ferner als Die irdischen Herzen voneinander hier! Ist denn der Sirius weiter von mir weg Als jeglicher Gefährte neben mir? O weh der Freundschaft, weh der Liebe auch! Von Seel zu Seele, weh der Weg so weit! Wir senden mutlos unserer Augen Strahl, Doch zwischen uns Raum, Eis und Dunkelheit. 23 Téth, Abendlicher Strahlenkranz, S. 32. 4 Téth, Arpad: Alarcosan [Maskiert]. 4. Strophe. 25 Tóth, Arpad: Von Seele zu Seele [Lélektél lélekig]. Übers. v. Günther Deicke. In: Töth, Abendlicher Strahlenkranz, S. 40 f. « 233 +