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DER NACHGEDICHTETE NACHDICHTER — ÁRPÁD TÓTH DEUTSCH

Kenntnis genommen wurde, (neben den literaturhistorisch repräsentativ ge¬
wordenen Ronsard, Verlaine, Rimbaud und Baudelaire) mit großer Hingabe
und Begeisterung lasen, ja sogar so Einiges von ihm auswendig lernten - frei¬
lich ungarisch und in der Nachdichtung von Ärpäd Töth.

*

In der eigenen Dichtung erfolgte etwa von 1913 bei der prinzipiellen Beibehal¬
tung des sprachlich-poetischen Grundcharakters seiner Lyrik eine allmähliche,
jedoch offenkundige Veränderung. Die Form, der sprachliche Ausdruck, die
früher ganz locker verbundenen metaphorischen Assoziationsreihen wurden
wesentlich kompakter. Das zart-weiche In- und Auseinander verschwommener
Metaphern erhielt nun deutlichere Konturen, mit den Worten von Läszlö
Kardos entstand ein „Lyrikum festeren Aggregatzustandes.“ Ein prägnantes
Beispiel dafür ist die Vision aus dem Zugfenster in der hervorragenden Nach¬
dichtung von Annemarie Bostroem.* Die impressionistisch ,,verwischten Bil¬
der“ (so heißt es auch in der ersten Strophe des Gedichtes) hatten durch ihre
Aufnahme bei einer nächtlichen Fahrt am Zugfenster stehend einen realen
Halt, ihre Beziehungen zur tristen Grundstimmung des Dichters eine leicht
zugängliche Selbstverständlichkeit und am Ende des Gedichtes die Kette der
Metaphern und die metaphorischen Signale der poetischen Aussage einen
festen logischen Zusammenhang - ganz ähnlich wie in vielen Gedichten von
Endre Ady.
Man beachte dabei die Bilderreihe um die Mitte des Gedichtes.

Bild 1: „im flachen Land ein ferner Fels mit trägem Doppelgipfel“
Bild 2: „Höcker eines Kamels“
Bild 3. „der Mond darauf [die] gelbe Last“

Im endlos flachen Land ein ferner Fels
Mit tragem Doppelgipfel schien mir fast
Der Hocker eines riesigen Kamels,

Der Mond darauf als große gelbe Last ...

Diese Bilder werden logisch assoziativ zu den „verzagten dunklen Karawanen“
weitergeführt, wobei mit den Worten „sinnlos, ziellos“ bereits die zweifachen
Beziehungen zum Bild und Dichter führen mit der desillusionierenden Kon¬
sequenz, „die Wege allen Glücks“ („Zauberschatz“ und „Mondenschatz“) sei¬
en „im Sand begraben“:

® Töth, Ärpäd: Vision aus dem Zugfenster [Viziö a vonat ablakäböl]. Übers. v. Annemarie Bos¬
troem. In: Töth, Abendlicher Strahlenkranz, S. 16 f.

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