DER NACHGEDICHTETE NACHDICHTER — ÁRPÁD TÓTH DEUTSCH
Und ich? Die Mádchen deren Herzen frieren,
Und müde Herrn zieht meine Seele an,
Dass ich sie zwei Minuten fesseln kann,
Um sie dann an die Klassik zu verlieren.
Da liegts, ich bleib mit euch allein,
Gebrochne Sehnsucht und ein alter Hut ...
Ihr Stühle, Krüge, ach, ich lieb euch sehr,
Als treuer Freund nehm Abschied ich im Gehn,
Und euer linker Gram macht meine Seele schön,
Seltsame Worte misch ich, ich beschwer
Mit Trauerspangen meine leisen Lieder,
Lass weinen sie — auf Nimmerwiederkehr.
Niemand von der ersten Nyugat-Generation lebte in einer Armut wie er, nie¬
mand von ihnen war so unbemittelt, dermaßen ausgeliefert dem demütigenden
Wohlwollen ihm meist widerlicher Gönner und Mäzene - nicht nur dichten,
sondern in engem Sinne des Wortes überhaupt leben und sich ernähren zu
können. Geschwächt war er aber auch durch die psychische Last, das künst¬
lerische Versagen und Herunterkommen seines Bildhauer-Vaters und physisch
durch die Krankheit der Armen: der Tuberkolose. Gewiss hat dies alles neben
allen seinen sonstigen Veranlagungen und seiner künstlerischen Offenheit für
alles, was in der Literatur damals für modern galt, zu der leise und zart be¬
saiteten Tonalität seiner Lyrik beigetragen.
Man hat oft die Empfindung beim Erlebnis der resigniert zurückhaltenden
Gemütsbewegungen in den Töth-Gedichten, dass nur noch ein kleiner Schritt
dazu fehlte, dass sie in pure klagende Selbstbemitleidung ausarten und die nur
noch hauchdünn schimmernden Spannungen individuellen Missbehagens mit
der verlogenen Ausgewogenheit sentimentaler Euphorie aufgehoben werden.
Es ist ganz typisch für Ärpäd Töth, dass er manchmal bis zur letzten Grenze
geht, doch wenden Ehrlichkeit, Kunstverständnis und innerer Dichterdrang
nach poetischer Authentizität die Gefahr eines kunstvernichtenden ‚Salto
mortale‘ in den Abgrund empfindsamer Pseudoharmonien in allen seinen
Gedichten deutlich ab. - Das lyrisch-poetische Instrumentarium gedrosselter
Spannungen und Leidenschaften verleiht allerdings sämtlichen Töth-Gedich¬
ten (besonders denen des ersten Jahrzehnts) eine Art leise Monotonie — und
man muss schon hellhörig sein, die gedämpften Änderungen des sprachlichen
und metaphorischen Mikrokosmos des Dichters in den verschwommenen
Verflechtungen seines matten Licht-, Ton, und Farbenspiels nachzuempfinden.
Ob dieses Merkmal der Töth’schen Lyrik den Zugang mancher Leser zur po¬
etisch-ästhetischen Substanz dieser Gedichte erschwert? Ob viele, die sie auch
verstehen, in der Lage sind, die Lyrik Töths - z. B. zwanzig Gedichte - in einem