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LÁSZLÓ TARNÓI: SCHNITTPUNKTE. STUDIEN ZUR GERMANISTIK UND HUNGAROLOGIE

nos") dem Verfasser des zweiten Gedichtes kaum als entsprechend seltenes
oder gewähltes Wort zuerkannt werden dürfte, dass außerdem „Nabe“ in einer
Zeit, als sie an der Kutsche, dem sozusagen einzigen Verkehrsmittel, mit der
Achse und den Speichen augenfällig zu sehen war, ja sogar mit diesen die eigent¬
liche tausch- und reparaturanfällige Technik des Fahrens darstellte, einer
niedrigeren Seltenheitsklasse zugeordnet werden müsste als heute in einem
den neuesten Stand des deutschen Wortschatzes anstrebenden Wörterbuch.
Diese Vermutung dürfte die Tatsache untermauern, dass auch Einsiedels im
Jahre 1800 veröffentlichte Gedicht die beiden Substantive („Achse“ und „Nabe“)
sogar miteinander sehen, ja sogar „hören“ ließ: Dabei hätten die lautmalerischen
Verben der beiden Substantive („krächzen“ und „lechzen“) sogar zu jeder Zeit
ausgetauscht werden können.”

Und wenn auch manche Wörter des Goethe-Textes, wie „Stirne“, „Gebirg“
oder „spuden“” in ihrer Häufigkeitsklasse für fragwürdig angesehen werden
können, so wäre auch ohne diese und die obengenannten Wörter der Raschen
Lebensfahrt der durchschnittliche Seltenheitsgrad der Goethe-Lexik unver¬
ändert wesentlich höher als jener des Einsiedel’schen Wortschatzes. Als Aus¬
nahmefall ragt aus Einsiedels Gedicht das einzige (etwas schwerfällig wirken¬
de) Wort „erhinket“** in der Häufigkeitsklasse 21 heraus, das allerdings
eindeutig von der metaphorisch herrlich verdichteten Goethe-Parallelein den
Versen 26-31 veranlasst, in den vierten Vers der zweiten Strophe eingesetzt
wurde.”

Da Goethes Gedicht erheblich länger ist als das von Einsiedel, kann der
Wortschatz der beiden Gedichte nur bei einem Vergleich ihres jeweiligen
durchschnittlichen Häufigkeitsgrades ein approximativ genaues Bild von deren
lexikaler Beschaffenheit vermitteln. So wurden von mir sämtliche (auch die
oben mit mehr oder weniger Recht für fragwürdig angesehenen) Verben,“
Substantive und Adjektive ihrem im Lexikon verzeichneten Häufigkeitsstandard

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Gewiss ist und war auch um 1800 die (heute der Haufigkeitsklasse 12 zugeordnete) ‚Achse‘
mit dem Seltenheitsgrad 4.096 schon wegen ihrer reichhaltigen Konnotationsmöglichkeiten
ein öfter verwendetes Wort als ‚Nabe‘. (Doch nehme ich an, dass diese Häufigkeitsdifferenz
in der Goethe-Zeit keineswegs so hoch gewesen sei, wie sie heute ist.) Mit der Annahme der
gegenwärtigen Einordnung von ‚Nabe‘ in Klasse 17 mit dem entsprechenden Seltenheitsgrad
131.072 wäre das Häufigkeitsverhältnis der beiden Wörter 131.072: 4.096, d. h. ‚Achse‘ wür¬
de um 1800, wie heute, etwa 30mal häufiger als ‚Nabe‘ verwendet worden sein.

Das Verb ‚spuden‘ ist natürlich nicht wegen seiner poetischen Einmaligkeit, sondern wegen
seiner dialektalen Abweichung von der Norm im Wortschatzlexikon nicht belegt! Das ent¬
sprechende ‚sputen‘ ist im Wortschatz-Lexikon in die Klasse 15 eingeordnet.

Dieses Wort wirkt nicht nur wegen des sprachlichen Umfeldes der sonst ebenda anspruchs¬
loseren Lexik, sondern auch wegen der merkwürdigen Art der Wortbildung (er + intransitives
Verb der Fortbewegung) sowie wegen des vermittelten Inhaltes erzwungen.

Bei der Wahl dieses Wortes konnte auch der Reimzwang eine Rolle gespielt haben.
Ausgenommen die Hilfsverben ‚sein‘, ‚haben‘, ‚werden‘.

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