OCR Output

POESIE TROSTLOSER VERZWEIFLUNG

enthielten sich dessen Autoren, wie dies damals in der östlichen Hälfte Deutsch¬
lands üblich war, nicht gänzlich der Strapazierung der Klassenkampftheorie,
die im Zusammenhang mit der Lyrik von Th. Ho(e)ck besonders unpassend zu
sein schien, dennoch war es doch recht informativ und man eignete sich auch
damals als Adressat solcher Schriften einen hohen Grad an Versiertheit an,
überflüssige Textpartien dieser Art mit einer Leichtigkeit zu überfliegen.
Schließlich konnte man in den letzten Jahrzehnten — wenn auch nur recht ver¬
einzelt - in Anthologien auf einige Ho(e)ck-Lieder stoßen.!? Diese Fundstellen
zählen jedoch zu den wenigen Ausnahmen und untermauern lediglich ebenfalls
die Unschlüssigkeit der Literaturwissenschaftler beim Umgang mit diesem
Dichter.

THEOBALD HO(E)CK UND SEIN SCHÖNES BLUMENFELDT

Tatsächlich viel versprechende positive Zeichen für bekannt werden, Verbrei¬
tung, ja sogar für die Erforschung des lyrischen CEuvres von Ho(e)ck wurden
erst vor kurzem, im Jahre 2007 im Saarbrücker Conte Verlag gesetzt: Über 400
Jahre nach der Erstausgabe lassen nun Auswahl und Textgestaltung der ge¬
schmackvollen Saarbrücker Ausgabe nebst einer informativen Studie über den
Dichter endlich die Hoffnung aufkommen, dass es mit den „‚Wellenlinien‘
zunehmenden und abnehmenden Interesses — bis hin zu einer ‚Rezeptionsver¬
weigerung‘ in Sachen Hock“, wie es in dem Nachwort zur Edition steht,” doch
einmal vorbei sein könnte.

Liest man in dem Gedichtband Schönes Blumenfeldt,”' so glaubt man vor¬
erst kaum wahrhaben zu können, in welchem Maße die im deutschen Sprach¬
raum bis dahin völlig unbekannte moderne, düster-pessimistische poetische
Botschaft des Dichters dem anmutsvoll einladenden Titel der Gedichtsamm¬
lung widerspricht. Freilich soll bereits der Untertitel den Leser aufklären, dass
diese Gedichte „Auff jetzigen Allgemeinen gantz betrübten Standt [...] gestel¬
let“ wurden, wie auch das Vorwort An den getreuen Leser keinen Hehl daraus
macht, dass der Dichter „die schwartze Dinten doch in genere auß schwartzem
leben oder Blut gefast“ habe. Selbst das randglossierte Motto „Coeci versamur

1? Siehe vor allem die DDR Reclam-Anthologie Nr. 682 der deutschen Gedichte aus dem 17.
Jahrhundert mit dem Titel „Komm, Trost der Nacht, o Nachtigall“ von 1977 mit insgesamt
acht [!] Liedern von Ho(e)ck.

22 Saarbrücker Ausgabe = Iheobald Hock: Schönes Blumenfeld. Ausgewählte Gedichte. Früh¬
neuhochdeutscher Text mit einer Version in moderner Schreibweise. Hg. v. Bernd Philippi u.
Erhard Tänzer. Saarbrücken: Conti Verlag, 2007, S. 209.

?! In vorliegender Arbeit zitiere ich Texte des Dichters, wenn nicht anders verzeichnet, nach dem
Nachdruck des jeweiligen Originals in der Saarbrücker Ausgabe, d. h. nicht nach deren mo¬
derner Schreibweise ebenda. Die Entscheidung für die Schreibweise des Namens des Dichters
(Höck/Hock) sei eine Sache deutscher Germanisten: Das Anagramm auf dem Titelblatt des
Lyrikbuches weist auf den Umlaut, der allerdings von den Unterschriften des Dichters zu
fehlen scheint.

+13 +