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LÁSZLÓ TARNÓI: SCHNITTPUNKTE. STUDIEN ZUR GERMANISTIK UND HUNGAROLOGIE

in hohem Mafe zur Virtuositát der strophischen Strukturen der deutschen
Lyrik beitrug:

Man muf die Pedes gleich so wol scandiren,
Den Daktilum und auch Spondeum rieren /
Sonst wo das nit wiird gehalten /

Da sein dReim gespalten /

Krumb und voll falten.'*

Gleichzeitig lehnte er das weit und breit übliche, aber den neuen europäischen
Normen nicht mehr entsprechende „hinckets Carmen / ohn Füß uund Armen
/ Das zuerbarmen“ sei, entschieden ab, wie auch deren Verfasser, die im Lau¬
fe der Zeit anachronistisch gewordenen Meistersinger. Schließlich verlangte
bereits er vom Dichter im selben Lied mit wiederholtem Nachdruck gründliche
Bildung und dadurch die Positionen des poeta doctus, der seine Kenntnisse in
die poetische Praxis umzusetzen verstehe und den Traditionen der Renaissance
folgend selbstverständlich auch im Besitz der griechischen und lateinischen
Sprache und Kultur sein müsse. Diese merkwürdige ‚ars poetica‘ von Ho(e)ck
könnte ohne Weiteres auch mit manchen anderen Gedichten aus seinem Lie¬
derbuch ergänzt werden, z. B. mit dem An den Leser, wo er deutliche Trenn¬
linien zwischen den von ihm vertretenen anspruchsvollen modernen Trends
der Lyrik und denen der 1601 ausschließlich tradierten Schemata verpflichte¬
ten trivialen Unterhaltungsliteratur zieht.

Für die Interessenten gab es und gibt es zum Glück trotz alledem hin und
wieder auch heute noch manche Zugänge zum Dichter. Vor vielen Jahren, noch
in meiner Studienzeit, begegnete ich der Studie! und der dreibändigen Antho¬
logie der Barocklyrik von Herbert Cysarz. Darin beeindruckte mich schon
damals die moderne Beschaffenheit, des Ho(e)ck-Gedichtes mit der Überschrift
Von der Welt Hoffart und Bosheit.” Auch der fünfte Band der Berliner Litera¬
turgeschichte widmete dem Dichter im Jahre 1962'® ein ganzes Kapitel. Zwar

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„Von Art der deutschen Poeterey“ (8. Strophe), Saarbrücker Ausgabe (= Theobald Hock: Sché¬
nes Blumenfeld. Ausgewählte Gedichte. Frühneuhochdeutscher Text mit einer Version in
moderner Schreibweise. Hg. v. Bernd Philippi u. Erhard Tänzer. Saarbrücken: Conti Verlag,
2007) 217 S., hier S. 44.

Siehe in: Deutsche Gedichte. Eine Anthologie von den Anfängen bis zur Gegenwart. Bd. II.
Siebzehntes und achtzehntes Jahrhundert. Zusammengestellt v. Tarnöi, Läszlö u. Vizkelety,
András. 4. Aufl. Budapest: Nemzeti Tankönyvkiadó, 1993, S. 21—23.

Cysarz, Herbert: Barocke Lyrik und barocke Lyriker. In: Deutsche Literatur. Sammlung lite¬
rarischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Entwicklungsreihen. Reihe Barock. Barocklyrik.
Bd. 1. Vor- und Frühbarock. Hg. v. H. C. Leipzig: Verlag Philipp Reclam, 1937, S. 9-88.

Ebd., S. 109 f. Die analytische Besprechung dieses Gedichtes siehe am Ende dieses Aufsatzes.
[- -]: Neue Inhalte und Formen in der deutschsprachigen Lyrik. Theobald Hoeck. In: Ge¬
schichte der deutschen Literatur. 1600 bis 1700. Hg. u. verfasst von einem Autorenkollektiv.
Berlin: Volk und Wissen Verlag, 1962, S. 59-67.

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