3. AUFGEKLÄRTES ENGAGEMENT FÜR DEN NATIONALEN FORTSCHRITT IMNTM
In den Berichten von Karl Georg Rumy wurde Ungarn genauso wie in
den Freymüthigen Bemerkungen von Glatz als ein Land dargestellt, dessen
Rückstand in Europa seiner reichen „Natur“ und den vorteilhaften Anlagen
seiner Bewohner vollkommen widerspricht:
Ein unseliges Schicksal scheint über Ungarn zu walten, so weit menschliche
Geschichte reicht. Dies Land von der Natur mit allen Segen, dessen Europäische
Länder fähig sind, reichlich ausgestattet, zwischen dem nördlichen und südlichen
Europa die Erzeugnisse von beiden in sich vereinigend, und zu ihrem beiderseitigen
entrepot von Natur bestimmt, eine Nation hervorbringend, die ihrem Charakter
nach, an Geist und Körper stark, muthig, talentvoll, tapfer, heroisch ist: dies Land
mit diesen seltenen natürlichen Anlagen und Vortheilen hat sich in keiner Epoche
zu dem ausgezeichneten Grad von Wohlstand, Macht und Ansehn aufschwingen
können, den die Natur für dasselbe bestimmt hat.”?
Das „unselige Schicksal“ wurde dabei wie auch in Berzeviczys (ebenfalls in
Weimar veröffentlichtem) Werk,?* auf das sich Rumy wiederholt berief, mit
der Kolonialisierung Ungarns konkretisiert: „Es scheint, als wenn Ungarn
in Ansehung des Kommerzes in der bisherigen Kolonial-Abhängigkeit von
Österreich bleiben würde.“”® Im Juni 1804 argumentierte Rumy wie fünf Jahre
früher Jacob Glatz vor allem gegen die veraltete Staatsverfassung:” „Ungarn
mit seinem planlosen, sich selber widersprechenden, unverständlichen
Gesetzbuch, und seiner Konstitution, die im höheren publizistischen Sinne
kaum so genannt werden kann, paßt nicht mehr in das Staatssystem von
Europa.“” Im Weiteren berief er sich auf „ein wichtiges Werk“ eines seiner
„Freunde“ u. d. T. Pragmatische Geschichte des zu Pressburg im Jahre 1802
gehaltenen Ungarischen Reichstages und zitierte daraus den konservativen
Standpunkt des Adels, der auf seine alte Staatsverfassung bestand:
Jetzt haben wir Vortheile und Vorurtheile, warum sollten wir sie aufopfern? Wir
würden dadurch weder dem Lande noch dem Volke dienen. Bei dem jetzigen
Kolonialzustande würden Land und Volk ebenso gedrückt bleiben, als sie es jetzt
sind, und wir würden bei einer Änderung so gedrückt werden als sie; besser also,
wir erhalten uns ganz so, wie wir sind, bis auf bessere Zeiten.”®
23 NTM, 1804, H. 6, S. 99 f. Verfasser nach Starnes, Prosa-Artikel, S. 180, Nr. 721: „Rumi“
Siehe Anm. Nr. 9, 10., sowie in: Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 3, S. 60.
25 NTM, 1803, H. 3, S. 212. Verfasser nach Starnes, Prosa-Artikel, S. 180, Nr. 723: „Rumi“
(Hervorhebung L. T.)
Vgl. dazu Kap. X/5 „Die Konstitution des Königreichs — Glück und/oder Unglück (divergente
Aspekte)“ mit einschlägigen Zitaten v. Gruber, Hoffmann, Glatz und Goethe.
” NTM, 1804, H. 6, S. 98 f. Verfasser nach Starnes, Prosa-Artikel, S. 180. Nr. 721: „Rumi“.
(Hervorhebungen L. T.)
28 Ebd., S. 99.