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XI. DER NEVE TEUTSCHE MERKUR ALS QUELLE...

Proben unter allen Auslandsbeitragen der Zeitschrift am stärksten vertreten
waren. Böttiger mag dabei das Ungarnthema seinen spätaufklärerischen
Ansichten gemäß schon deshalb für interessant und wirksam gehalten
haben, weil gerade die damalige ungarische Lage geeignet schien, durch
ihre sozialimmanenten Antinomien augenfällige Spannungsfelder zwischen
Fortschritt und Rückstand zu verdeutlichen. Dies untermauert auch die
Ansicht von Hans Wahl, der über Böttiger Folgendes aussagt:

Besonderen Wert legte er darauf, dass immer Berichte über die Fortschritte
der Aufklärung in Ländern vorlagen, deren „Verfinsterung“ zur Zeit noch
sprichwörtlich war. Beachtenswert waren in dieser Hinsicht die vom Frühling
1802 bis zum Sommer 1808 fast regelmäßig laufenden Nachrichten über Ungarns
Literatur und Kultur.”

Die meisten dieser Ungarn betreffenden Berichte und Aufsätze erschienen
unter dem vielfach variierten Titel („Fortgesetzte“) (ab Juli 1803 mehrmals
„Korrespondenz“-) „Nachrichten über Ungarns (neueste) Literatur und
Kultur“, im Augustheft 1806 mit dem Einschub „und Österreichs“, im dritten
Heft des Jahres 1807 „Literarische Nachrichten aus dem österreichischen
Kaiserthume‘“, danach noch sechsmal als („Fortgesetzte“) „Korrespondenz¬
nachrichten über die neueste Literatur und Kultur des österreichischen
Kaiserthums“ — auch in diesen letzteren jeweils mit einem reichhaltigen
Material über Ungarn. Wegen struktureller und inhaltlicher Merkmale
gehören auch die „Literaturgeschichte aus Ungarn“ vom Januar 1804 sowie
der vorletzte Aufsatz vom Juni 1808 u. d. T. Einiges über die Gegenstände
der Cultur und Literatur in Österreich in die gleiche Serie. Letzterer ist
der einzige, der nicht anonym erschien, sondern neben der Orts- und
Zeitangabe („Wien, im Mai 1808") auch den Verfasser „Jacob Glatz“ nicht
verschwieg. Ob er auch als der Urheber der ganzen Serie von 1802 bis 1808
angesehen werden kann, hielt ich zwar für unsicher,!? die Fußnote Böttigers
zu dem von Glatz unterzeichneten Artikel sprach allerdings dafür: „Dem
hochachtungswiirdigen [...] Verfasser dieser Correspondenznachrichten
stattet die Redaction des Neuen Teutschen Merkurs [...] ihren Dank ab.“'*
Seit 1994, als das wissenschaftlich fundierte „Merkur“-Repertorium
erschienen ist,'® wissen wir allerdings, dass sich diegrammatische Mehrzahl im
Böttiger-Zitat („Correspondenznachrichten“) nicht auf mehrere eingesandte

2 Hans Wahl: Geschichte des Neuen Teutschen Merkur. Ein Beitrag zur Geschichte der

Journalismus im achtzehnten Jahrhundert. Berlin: Mayer und Müller, 1914, S. 257.

Vgl. dazu die ursprüngliche Fassung dieser Studie von 1986. Siehe Anm. 1.

4 Der Neue Teutsche Merkur [künftig: NTM], 1808, H. 6, S. 153.

15 Starnes, Thomas C.: Der Teutsche Merkur. Ein Repertorium. Sigmaringen: Jan Thorbecke
Verlag, 1994, 694 S. [= kiinftig: Starnes, Prosa-Artikel]