2. DIE ARTIKELSERIE DES WEIMARER NEUEN TEUTSCHEN MERKURS ÜBER UNGARN
außen auf die soziale und kulturelle Entwicklung im eigenen Lande. Unter
literaturhistorischen Aspekten ist es von besonderer Bedeutung, dass es auch
manche Anzeichen dafür gibt, dass bereits in dieser frühen Phase der geistig¬
kulturellen internationalen Kontaktsuche seitens der Ungarn, ein Viertel
Jahrhundert vor dem Erscheinen von Toldys Handbuch der ungarischen Poesie,
der Versuch unternommen wurde, mit der Würdigung der einheimischen
Ergebnisse auf dem Gebiet der Belletristik im Ausland anerkennendes
Interesse zu wecken und zu ihrer deutschen Aufnahme anzuregen.
2. DIE ARTIKELSERIE DES WEIMARER
NEUEN TEUTSCHEN MERKURS ÜBER UNGARN
Besondere Aufmerksamkeit verdientin dieser Hinsichtdievon derungarischen
Literaturgeschichtsschreibung bislang gebührenderweise kaum beachtete
umfangreiche Artikelserie über die Entwicklungstendenzen der Kultur und
Literatur Ungarns in Christoph Martin Wielands Neuem Teutschem Merkur
in den Jahren 1802-1808." Die Zeitschrift entstand im Rahmen eines groß
angelegten Unternehmens von Karl August Böttiger, der sich in der Zeit seiner
Tätigkeit als Redakteur dem Geist der Spätaufklärung verpflichtet u. a. das
Ziel setzte, im „Merkur“ den deutschen Lesern über die nationalen Grenzen
hinweg fortwährend Kenntnisse über den unaufhaltsamen Fortschritt der
europäischen Kultur zu vermitteln. Böttiger stützte sich dabei in erster
Linie auf seine imposante In- und Auslandskorrespondenz. So erschien
in der monatlich veröffentlichten Zeitschrift eine Reihe von Berichten,
Aufsätzen und Studien über die kulturelle und literarische Entwicklung
in den verschiedensten Ländern, so u. a. in Frankreich, Schweden, Italien,
England, Polen, den Niederlanden, Böhmen und Ungarn. Von diesen waren
infolge des im Inhalt übernationalen Charakters auch solche nicht zu
trennen, die sich mit deutschsprachigen Ländern, so z. B. mit Österreich, der
Schweiz und Bayern befassten. In einer Vielzahl der von den verschiedensten
Autoren verfassten Auslandsberichte waren dabei die kulturellen und
literarischen Vorgänge den aufgeklärten Maßstäben entsprechend als
organische und untrennbare Bestandteile der Komplexität des allgemeinen
sozialhistorischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen, ja sogar politischen
Fortschritts behandelt.
Am deutlichsten kam diese Betrachtungsweise in den Ungarnberichten
des Neuen Teutschen Merkurs zum Ausdruck, die mit ihren rund vierzig
Titeln (insgesamt auf etwa 450 Seiten) und mit zahlreichen literarischen
u Der Neue Teutsche Merkur [künftig: NTM]. Hg. v. Christoph Martin Wieland. Red. v. Karl
August Böttiger. Weimar: Im Verlag des L. Industrie Comptoirs. (= Ersch. jährlich in drei
Bänden und zwölf Heften, bandweise paginiert.)