X. GLÜCK UND UNGLÜCK IN DER K. K. MONARCHIE UM 1800...
um seine Zustimmung zur Wahl von Karl August zu erhalten.? Es gibt sogar
eine Goethe-Karikatur aus den achtziger Jahren, die Goethe [als méglichen
ungarischen Minister natiirlich] in ungarischer Tracht darstellte.*° Die Frage
nach Gliick und/oder Ungliick zu stellen, ziemt es sich diesmal nicht, das Spiel
wurde ja von politischen Hasardeuren der schlimmsten Sorte gespielt.
6. 1794/1795 UND IHRE FOLGEN — (WENIG) GLUCK IM (GROSSEN) UNGLUCK
Eine Kette von Unglück und Glück erschütterte das Königreich um die
mittneunziger Jahre. Eine Verschwörung - aus welchem Grund und von wem
auch immer zur Jakobiner-Verschwörung hochstilisiert — flog im Sommer 1794.
plötzlich auf. Die Beteiligten daran waren vor allem ungarische Intellektuelle.
Das Resultat war verheerend. Das noch junge ungarische literarische Leben
kam vollständig zum Erliegen. Viele der ungarischen Schriftsteller wurden
am 20. Mai und am 3. Juni 1795 auf der Generalswiese in Ofen hingerichtet,
noch mehr für Jahre eingekerkert, manche verstarben im Gefängnis, einige
auch unter ungeklärten Umständen.“
In der zweiten Hälfte des Jahres 1795 geriet nach einer erneuten
Durchsicht der Geständnisse der bereits Hingerichteten auch eine ganze
Reihe von Universitätsprofessoren, unter ihnen sogar einige hervorragende
Repräsentanten der deutschsprachigen Literatur in Ungarn, unter Verdacht:
Es fielen nun auch manche, damals angesichts der schwerwiegenden Anklage
unbeachtete oder für belanglos gehaltene Passagen der vor den Hinrichtungen
aufgezeichneten Ermittlungsprotokolle auf. (Z. B. habe nach Ferenc
Szentmarjay Prof. Anton Kreil die Marseillaise ins Deutsche übertragen,
nach Sändor Szolärtsik hätten sich die Professoren Kreil, Koppi, Barics sowie
Halitzky oft mit Ferenc Abaffy über heikle politische Fragen unterhalten, und
der ebenfalls hingerichtete Päl Öz habe in seiner Apologie Schedius seinen
Freund genannt.")
Glück im Unglück war, dass nach geltendem Recht auf Grund von
Erklárungen von Verstorbenen kein Urteil gefállt werden konnte (und
38 Gragger, Robert: Preußen, Weimar und die ungarische Königskrone. Mit dem Faksimile
eines Goethebriefes. Berlin: W. de Gruyter, 1923, S. X, 158. (= Ung. Bibl. 1., Bd. 6.)
39 Gragger, Robert: Goethe magyar-német ruhában. In: Philologiai dolgozatok a magyar-német
érintkezésekrél. Red. v. R. G. Budapest: Hornyanszky Ny., 1912, S. 379 ff. Deutsch: Goethe in
ungarischer-deutscher Kleidung. In: Ungarische Rundschau. 1912, Bd. 1, S. 569-573.
Benda, Kálmán: A magyar jakobinus mozgalom [Die ungarische Jakobiner-Bewegung]. In:
Magyarorszäg törtenete [Die Geschichte Ungarns] 1790-1848. Bd. 1, Budapest: Akadémiai
Kiadö, 1980, S. 159-212. (= Magyarorszäg törtenete 5/1)
“| Domanovszky, Sandor: Jézsef nador iratai [Die Schriften des Palatins Joseph]. Bd. 1. 1792—
1804. Budapest: Magyar Történelmi Társulat, 1925, S. 32 f, 36-54.