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V. UNGARNDEUTSCHE HEIMAT- UND VATERLANDBILDER UM 1800 in der ungarischen Literatur seit dem ausgehenden Mittelalter kontinuierlich wiederkehrt. So lautet die zweite Strophe im Lied der Edlen von Johann Paul Köffinger: Wir sind es noch, Die als zahllose Scharen Von südlichen Barbaren Gedroht mit Sclavenjoch, Europen schiitzten, wie ein Damm Gen den umsonst die Menge schwamm. Wir sind es noch!“ Dazu wurden am Ende des Gedichtes noch historische Persönlichkeiten der ungarischen Geschichte gerühmt: Seht Hunyad, Zreny, glanzvoll, winkt! Schwört, dass ihr sieget oder sinkt, Auf ihren Grab.” Köffingers Engagement fußte freilich einerseits auf der politisch aktuell gewordenen Napoleon- und Franzosenfeindlichkeit und andererseits auf seiner überzeugten und zeit seines Lebens nie fragwürdig gewordenen Identifizierung mit der jeweiligen Sache des österreichischen Herrschers. Letzterer war aber auch gleichzeitig König von Ungarn, und das „Vaterland“, worüber in diesem Band wiederholt geschrieben wurde, war eindeutig das ungarische Königreich. Die konkrete politische Grundposition des Dichters wurde daher in seinen Liedern für Ungerns Bewaffnete vom allgemeinen Inhalt des ungarischen Patriotismus — auch ungewollt — übertroffen. So drückten z. B. die pathetisch erhebenden Worte im Lied Das Vaterland echte ungarische Vaterlandsliebe mit einer wesentlich dauerhafteren Gültigkeit und größerer Gehaltsbreite aus, als dies von dem tagespolitisch orientierten Dichter beabsichtigt gewesen sein durfte: O Vaterland! o Wonneland! Das mich entzückt und nährt; Gesegnet sey der Väter Hand Gesegnet sey das Schwert! 46 Köffinger, Lieder für Ungerns Bewaffnete, S. 8. In: Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 1, S. 182. 7 Ebd., S. 11, 183. «132 +