V. UNGARNDEUTSCHE HEIMAT- UND VATERLANDBILDER UM 1800
Auch ward in meiner Spháre
So manches mir bewusst,
Das eine kalte Leere
Zurückließ in der Brust.
Der Heimath lieben Fluren,
Ihr, die ich nie gekannt,
Nun such ich eure Spuren
In diesem öden Land.
In jene blaue Ferne
Schau’ ich so sehnsuchtsvoll:
O sagt mir liebe Sterne!
Wohin, wohin ich soll?
Die Erweiterung des Begriffs Heimat auf Vaterland ist für Köffinger unty¬
pisch. Wenn es dazu manche Ansätze gibt, so geschieht dies vor allem in den
frühen Gedichten, in denen er mit seinem damals noch deutlich artikulierten
deutschen Nationalgefühl den Grundschemata der ungarndeutschen
Dichtung widerspricht, so z. B. wenn er in einem Gedicht an Klopstock
erinnert und dabei seines germanischen Helden, Arminius gedenkt:
Stolzer pochte mein deutsches Herz
Als die stürzenden Bardengesänge
Der Herrmanschlacht in mein Ohr
Rauschten mit Donnergeton.”
Gerade als um die Mitte des ersten Jahrzehnts des 19. Jahrhunderts diese
seine deutschnationale Identität in Ungarn reif zu werden begann, fand das
Deutsche Reich sein klägliches Ende. Damit schien sein Weg aus der Heimat
(aus welcher?) ins Vaterland (in welches?) den Sinn für ihn gänzlich verloren
zu haben. So war sein Gedicht Germanien am Ende des Jahres 1806 eigentlich
ein Grablied auf alle diesbezüglichen Hoffnungen:
Dir wird kein Barde je ein Danklied singen,
Kein Segensruf geleitet dich zu Grab;
Ach! Thränen, die aus tausend Augen dringen,
Und tausend Seufzer folgen dir hinab.
"a Köffinger, Johann Paul: Bei Klopstocks Bildniß. In: K., J. P.: Gedichte, S. 47 ff. (Hervorhebung
L. T.) In: Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 1, S. 161 f.