OCR
III. DIE DICHTUNG DER DEUTSCHSPRACHIGEN UNGARN UM 1800 Wenn man bedenkt, dass der Tokayer Wein um diese Zeit zu den wenigen Produkten záhlte, mit denen Ungarn nach den kolonialen Zollbestimmungen ausnahmsweise auch verhältnismäßig frei handeln konnte und durfte, so versteht man die begeisterte Freude des Dichters über die Erfolge mit diesem Wein auf den europäischen Märkten. Der Nutzen des Tokayers sei aber nach dem Text nicht nur materiell gewesen. Laut Ausklang habe der Wein auch Wege zur richtigen Kenntnis des Landes eröffnet: Wie viele würden nichts von Ungern wissen, Gebräch’ es uns an Wein; So laden wir mit diesem Leckerbissen Die Wißbegierde ein. Zwar mancher läßt sich wacker ihn behagen, Und weiß nicht, wo er wächst? Das kömt daher, man macht in unsern Tagen Gern Noten ohne Text. Bei uns! bei uns reift dieser Saft der Reben, Heil unserm Vaterland! Es schlingt um seiner Söhne Glück und Leben, So manches schöne Band. Drum ehren wir es auch so hoch und theuer, In alle Ewigkeit! Komt her, ihr Gegner! lernet beim Tokayer Die Pflicht der Dankbarkeit!”? Die Verflechtungen einerseits der aufgeklärten Haltung und Denkweise — wie Lebensfreude, Menschenverbrüderung, europäische Sicht, direkte Nützlichkeit durch Heilkraft und Gewinneinbringung usw. — und andererseits des patriotischen Engagements gibt diesem Lied das zeit- und raumgebundene Gepräge, wiees auch für die zeitgenössische Poesie dermagyarischen Landsleute in der gleichen Zeit sowie in den folgenden Jahrzehnten typisch war. 92 Die Strophen 12-15. ebd. . 88 +