die Identifizierung des Lyrikers mit Ungarn. Trotzdem hat Lübeck die
überzeugende Tiefe und Ausdruckskraft der Vaterlandsode von Bredetzky
und des Pannonien-Hymnus von Gruber bei weitem nicht erreicht.
Der Gedanke des Patriotismus gleitet bei Lübeck mit greller Lautstärke nur
über die Oberfläche seiner stilistisch und rhythmisch verspielten Verszeilen
hinweg. Mit wirklichkeitsfremden stilistischen Wendungen wie z.B. „da lachet
uns herrliche Beute“ bzw. mit dem knallend pulsierenden Walzertakt hätte sich
dieses Kampflied eher für irgendwelche Singspiel-Husaren auf der Bühne des
Pester Kreutzer-IheatersalsfürSoldaten geeignet, dietatsächlich ineinen Kampf
hätten ziehen sollen. Man zweifelt dabei nicht an der Ungarnverbundenheit
des Pester Arztes: Ohne die Tiefe mancher anderen lyrischen Produkte kann
selbstverständlich auch die leichte Muse Träger patriotischer Empfindungen
sein. Niveaudifferenzen in der poetischen Aussagekraft mögen auch mit
Formen und literarischen Gattungen und selbstverständlich auch mit
poetischen Veranlagungen der einzelnen Dichter zusammenhängen. Darüber,
dass es diesmal lediglich um die Imitation eines Kampfliedes geht, sollte dabei
keine Rechenschaft verlangt werden, besonders im Jahre 1801 nicht, als man
nach dem Friedensabschluss in Luneville auf einen dauerhaften Frieden in
Europa hoffen konnte. Andererseits dürfte man einem Dichter, der sich Zeit
seines Lebens im scherzhaften Rokokostil — etwa in der Art des Christian Felix
Weiße — übte, auch in Soldatenliedern den Singspielton nachsehen.
Wesentlich ernster exponiert ist die Heraufbeschwörung des bedeu¬
tendsten Sieges der Ungarn über die Türken im Jahre 1456 in der 1808
veröffentlichten Ballade Hans Körmend oder die Weihe für das Vaterland“
von dem Zipser — zur Zeit der Entstehung in Wien lebenden - Johann Karl
Unger. Aus der Erzählung des heldenhaften Kampfes von „Pater Capistran“
und „Hunyads Männern“ gegen die türkische Übermacht hebt sich der
ursprünglich südslawische Sagenheld Titus Dugovic, den Unger zum Hans
Körmend (halbwegs deutsch, halbwegs ungarisch) „stilisierte“, hervor, der das
Schicksal des Kampfes wendete, indem er, sein Leben opfernd, den türkischen
Fahnenträger von den Mauern der Burg mit sich in die Tiefe riss. Opfer und
Sieg konzentrieren sich in den zwei kathartischen Schlussstrophen: