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III. DIE DICHTUNG DER DEUTSCHSPRACHIGEN UNGARN UM 1800 allem durch den künstlerisch raffinierten Wechsel der visuellen und auditiven Reize der poetischen Vorstellungen erzielt wurde. Hinzu kommen auch die stimmungsvoll lautmalende Sprache und die rhythmische Motivierung der Bilder, wenn z. B. im 4. Vers folgenden Zitats die zunehmende Dynamik des sinnlich Gesehenen und Gehörten durch den erhöhten Einsatz der schnellfüßigen Daktylen untermauert wurde: Welch ein wildes Gewieher in Csanäds grasigen Haiden! Rosse rennen umher, von keinem Zügel gebändigt; Tausend leitet der Zaum, dem Krieger den Rücken zu bieten; Mähnen sträuben sich, stampfende Hufe durchtönen die Felder Nasen entbrauset der Dampf und schnaubend bäumen sich Zelter.” Wenn die zeitgenössische Kritik die „lebhafte“ Darstellung dieses Hymnus hervorhob, so trifft dies in erster Linie auf solche Beschreibungen zu. Mit vollem Recht wurden in der gleichen Rezension auch die Partien über Szeged als besonders gut gelungen hervorgehoben: „Seines Geburtsortes der k. Freystadt Szegedin, erwähnt der Vf. in dem Hymnus |[...] S. 39. mit vieler Rührung‘“, schrieb die Zeitschrift von Schedius.* Die Erinnerungsbilder der goldenen Zeit der Kindheit erhielten in diesen Partien immer deutlichere Konturen: Mutter weile doch hier! Es winket dem Sanger Segedum. Göttliche, hier empfingst du mich! Jedes Plätzchen erinnert An das vergangene Glück, in Kinderjahren genossen. Dort ist die Wohnung, der Garten mit üppighangenden Früchten, Wo ich, vom Kummer befreyt, die seligen Tage durchträumte, Wo ich der häuslichen Mutter des Frühobst schmeichelnd entlockte, Auf den heiligen Christ so innig und lange mich freute, Wo am Winterabend mich noch das Märchen ergetzte; Immer die Freude beschlich, nur kindischer Kummer belastet [...] Das Bild der „häuslichen Mutter“ erschien in der Mitte dieses Teiles, um schließlich beim Abschied von den Kinderjahren auf einer höheren Stufe der Empfindungen erneut allmählich in die Metapher „Mutter“ Pannonia zu übergehen. Im emphatischen Ausruf des letzten Verses schwingt aber zweifelsohne noch immer etwas von der ersten Bedeutung des Wortes mit: 52 Ebd., S. 29. In: Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 1, S. 123. 53 Rezension über den „Hymnus an Pallas Athene“ und den „Hymnus an Pannonia". In: Zeitschrift von und für Ungern zur Beförderung der vaterländischen Geschichte, Erdkunde und Literatur von Ludwig Schedius. 1804, Bd. 6, H. 4, S. 258. In: Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 1, S. 344. + 70 +