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1. ALLGEMEINER ÜBERBLICK

Nach alten Spuren wandelt’ Iberia,
Gefallig schmeichelnd, winkte Lavinia, 6
Ertönen hörst du, Ärpäds Erde!

Gallia’s Silberstimm), ihr zu folgen.

Besaitet gab das goldene Barbyton
Apollo’s Liebe kämpfenden Günstlingen;
Es drangen Stimmen aus den Hainen

Eichenbewegender Amphionen.’”

Nach griindlichem Sichten des ungarndeutschen lyrischen Angebotes in den
periodischen Schriften, Almanachen und sonstigen Sammelbänden um 1800
dürfte die Überzeugung vertreten werden, dass das Durchschnittsniveau der
ungarndeutschen Gedichte nicht im Geringsten niedriger war als in anderen
Regionen des damaligen deutschsprachigen literarischen Lebens (z. B. in
Berlin, Leipzig, Jena und Wien). Man braucht sie nur mit den unzähligen
Modegedichten der in Deutschland damals weit verbreiteten Almanachlyrik
oder der — modernste Unterhaltungsansprüche befriedigenden — Leipziger
Zeitung für die elegante Welt bzw. des seinerzeit etwas konservativeren
Weimarer Neuen Teutschen Merkurs zu vergleichen. Wie etwa um 1800 in
Leipzig! so galten auch gleichzeitig für Verleger (Leyrer), Kritiker (Schedius,
Rösler) und Leser (Stadtbürger und Adlige) in Ofen und Pest einerseits
hauchzarte poetische Reflexionen von hochsublimierten sentimentalen
Empfindungen und andererseits der mit metaphorischen Raffinessen
verschlüsselte, aufgeklärte ‚Witz‘ als Träger poetisch möglicher Innovationen.

„Phantasie und Gefühle bilden den Dichter, und sind die Quellen seiner
Thätigkeit* — behauptete Rösler 1801. In diesem Sinne sei nach ihm die
lyrische Poesie mit Niveau „auf Geist und Herz des Lesers berechnet,“ folge¬

richtig müsse sie ihre Adressaten jeweils „erheitern“ und/oder „rühren“.

16 Ebd., Fußnote Nr. 1. des Dichters: „Italien, nach dem Virgilischen: Lavinaque littora - wenn
es nicht zu gewagt ist.“

Ebd., Fußnote Nr. 2 des Dichters: „Ich nenne hier mit grenzenloser Verehrung die Stimme
unserer Gyöngyösy [Gyöngyössi, Jänos (1741-1818)], Änyos [Päl (1756-1784)], Batsänyi,
[Janos (1763-1845)], Viräg, [Benedek (1754-1830)], Guadänyi [Gvadänyi, Jözsef (1725¬
1801)], [Baröti] Szabö [Dävid (1739-1819)], Rainis [Räjnis, Jözsef (1741-1812)], Revai,
[Miklös (1750-1807)], Kazinczy, [Ferenc (1759-1831)], Csokonyai [Csokonai Vitez, Mihäly
(1773-1805)], Dugonics [Andräs (1740-1818)], Verseghi [Verseghy, Ferenc (1757-1822)], und
die des pseudonymischen Himfy Petrarcha [betrifft: Kisfaludy, Sandor (1772-1844)].

Diese alkaische Ode ist geflissentlich, des Auslandes wegen, in deutscher Sprache verfasset
worden.“

18 Siehe die ,,Zeitung fiir die elegante Welt“, 1801, H. 1, Sp. 22 f.; H. 76, Sp. 616.

Rösler, Christoph: Vorrede. In: Musenalmanach von und für Ungarn auf das Jahr 1801, hg.
von Christ. Rösler. Preßburg: Schauffischer Verlag, 1800. In: Deutschsprachige Texte aus
Ungarn, Bd. 1, S. 335. (Hervorhebung L. T.)

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