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6. PEST-OFEN — , FÜR GANZ UNGERN DAS SEMINARIUM..."

Freilich konnte mit diesem Entwicklungstempo von Pest-Ofen bereits von der
Mitte des 18. Jahrhunderts keine andere Stadt des Königreichs Schritt halten.?
Das einmalige Wachstum in Pest-Ofen war der fortwährenden Einwande¬
rung aus den süddeutschen Ländern, aus den österreichischen Erbprovinzen
und gegen Ende des Jahrhunderts auch aus den deutschsprachigen, vor
allem urbanen, Randgebieten des Königreichs zu verdanken. Dies führte im
alten Pest-Ofen im Laufe des 18. Jahrhunderts allmählich zu gravierenden
ethnodemographischen Veränderungen. Mit welcher Intensität sich dabei die
von vornherein herrschende Deutschsprachigkeit dieser Städte entwickelte,
veranschaulichen u. a. Teilergebnisse von Ermittlungen in Domokos Kosärys
Budapestgeschichte, wonach der Anteil der ungarndeutschen Bürger bereits
im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts, zwischen 1720 und 1746 von 51 % auf
67,2 % angestiegen sei.” Schließlich betrug am Ende des Jahrhunderts die Zahl
der deutschsprachigen Bevölkerung bereits über 80 % aller Stadtbewohner,
wobei sich das übrige knappe 20 % Raitzen, Slowaken und wenige Magyaren
teilten, letztere oft mit besseren Deutsch- als Ungarischkenntnissen.”

6. PEST-OFEN - „FÜR GANZ UNGERN DAS SEMINARIUM ODER
MAGAZIN SEINER KULTUR UND DEREN BEDÜRFNISSE“

Im Laufe des 18. Jahrhunderts (besonders in dessen letztem Drittel) erhielt
die urbane Region Pest-Ofen allmählich alle wichtigen hauptstädtischen
Funktionen des Königreichs.

In Pest war bereits seit 1723 die Königliche Kurie mit der sogenannten
Septemvirtafel und der Königlichen Tafel (den höchsten Organen der Rechts¬
sprechung) angesiedelt. Im Jahre 1784 zogen auch die „Statthalterey“, die
Landeskammer sowie das „General-Commando“ (die oberste Militärbehörde)
von Pressburg nach Ofen, und vom 7. August 1791 war die königliche Burg
in Ofen der Sitz des Palatins, des Statthalters des Königs (Alexander Leopold
bis 19. 9. 1795, Joseph Paul bis 13. 1. 1847. — Beide waren Brüder des in Wien
residierenden Herrschers Franz I.).

1777 zog auch die Universitat des Konigreichs von Nagyszombat (Tyrnau,
Trnava) nach Ofen und schließlich 1784 nach Pest. Im Jahre 1808 betrug
die Zahl ihrer Studenten 647, zwei Jahre später 566. Nahezu die Hälfte von

21 Im Jahre 1787, als die einheitliche urbane Region in Pest-Ofen-Altofen insgesamt 53.094

Einwohner hatte, betrug ihre Zahl in Debrecen 29.100, Preßburg 26.000, Szeged 21.500,
Szabadka 20.700, Raab 12.800, Ödenburg und Komorn je 12.000 und in den Zipser Städten
4.000-10.000. Zum Vergleich seien hier auch Bevölkerungszahlen einiger Städte des
Deutschen Reichs von 1800 angegeben: Nürnberg 25.000, Leipzig 32.000, Dresden 61.000,
Hamburg 130.000, Berlin 172.000, Wien 247.000. (= Budapest törtenete III, S. 11.)

22 Ebd., S. 151.

23. Siehe dazu auch Kapitel 1/4.