sie ihren Sitz in dem Herzen haben [...] In dem Herzen des Volkes, unter
welchem Vaterlandsliebe ihre starken Wurzeln schlug, keimen alle Tugenden,
wie von selbst hervor." "9
Zweifelsohne geht es auch hier nicht nur um ähnliche Ideen, sondern auch
um die übereinstimmende sprachlich-stilistische Attitüde. Nur dass dieses
Mal den deutschen Text Stephan von Köröskenyi, ein ungarischer Adliger im
kroatischen Agram, d. h. in Zagreb, über 600 Km entfernt von der deutschen
Zips verfasste. Kein Ungarndeutscher also, sondern ein deutschsprachiger
Magyar, der sein patriotisches Bekenntnis wie viele andere, z. B. die beiden
Batthyänys, so wie Vinzenz seine literarischen Reisebeschreibungen und Aloys
seine Predigten, außerdem Franz von Boros, Johann von Asböth, Johanna von
Prönay u. a. ihre Gedichte oder z. B. Joseph von Korompay sein schauervolles
Ritterdrama“ nicht ungarisch, sondern deutsch verfasste und veröffentlichte.
Das Wort „Mein Vaterland, Du süßes Land!“ gibt den Tenor eines
Gedichtes auch Jahrzehnte später in einer Anthologie aus dem Jahr 1846.
Gewürdigt wurden darin mit emphatisch patriotischer Ungarnverbundenheit
der Reichtum der Bodenschätze des Landes, die Schönheit seiner Natur,
das heldenmütige Volk als Beschützer der Gläubigen, seit König Stephan
dem Christentum ununterbrochen treu und in der erlebten Gegenwart mit
paradiesischen Zukunftschancen.
So fügte sich auch dieses Gedicht unter gehaltstypologischen Aspekten
mit jedem Detail organisch in jene charakteristische Haupttendenz der
Poesie der ungarischen Reformzeit bzw. des ungarischen Vormärz ein, deren
Devise am prägnantesten mit dem Kölcsey-Wort „Vaterland und Fortschritt“
ausgedrückt werden kann. Der Verfasser, Carl Hugo, war allerdings weder
ein ungarndeutscher Bürger der Hauptstadt noch ein deutschsprachiger
Adliger. Er gehörte zu jenen Juden im alten Pest-Ofen, die (bzw. deren
Väter) sich — wie u. a. auch Gottlieb Saphir und Karl Maria Benkert - in der
ersten Jahrhunderthälfte noch deutschsprachig der vielfältig differenzierten
Bevölkerung Ungarns zu assimilieren versuchten.
Dass Petöfis ungarisches Nationallied vom 15. März 1848 nicht nur ein
Gedicht, sondern auch eines der wichtigsten Ereignisse des Tages war, ist
allgemein bekannt. Weniger bekannt ist, dass es in den folgenden vier Tagen
in den Pester Zeitungen dreimal, gleichzeitig auf einem Flugblatt ein viertes
gerns. 3. Theil. In: Zeitschrift von und für Ungern zur Beförderung der vaterländischen Geschich¬
te, Erdkunde und Literatur, Bd. 2, H. 3. In: Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 3, S. 83.
Korompay, Joseph: Rudolf von Felseck oder Die Schwarzthaler Mühle. Ein Ritterschauspiel
in fünf Aufzügen. Leipzig, 1794. Erstaufführung im königl. städtischen Theater in Ofen am
16. Juni 1794. In: Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 2, S. 240-317.
Hugo, Carl: Heimgruß. In: Jahrbuch des deutschen Elements in Ungarn. Mit Originalbeiträgen
namhafter Schriftsteller. Hg. u. red. v. Carl Maria Benkert. 1. Jg. Budapest: 1846, S. 11-16.
Mehr darüber siehe im Kap. VI/1.