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wahrscheinlich, dann gewiß, ja sogar, da es eine so starcke Nahrung für die schwär¬
mende Einbildung enthält, angenehm zu finden.

Umsonst bemüht man sich, dergleichen Chimären durch Gründe aus dem Gehirn di¬
eser Menschen zu vertilgen. Quo semel est imbuta recens, servabit odorem, testa diu.[””®]
7. Noch zwo Fragen:

I. Wäre es wohl möglich, den gemeinen Haufen von dergleichen abergl[äubischen] Vorurtheilen
durchaus zu befreyen?

Resplonsiol: Ja, (absolute) an und fiir sich selbst, weil ja die Aufklärung, als das innere
und wahre HeilungsMittel dieser Kranckheit, bey ihm absolut möglich ist. Aber ob diese
Aufklärung, und darinnen zu gründende Reinigung vom Abergl[auben] beym gem[e¬
inen] Mann auch hypothetisch, nach allerseitigen äußerl[ichen] Umständen möglich
sey, ist eine andere Frage. Man müßte zu diesem Ende seinen Verstand durch eine
gewiße Art Naturlehre und Naturgeschichte, die seiner Fähigkeit angemefSen wären,
bis auf einen gewißen Grad aufhellen. Ob man sich aber jemals im Staat die Mühe
hierzu nehmen werde? Es läßt sich aber auch eine äußerliche Heilungs Methode gedenc¬
ken, und hiebey würden die sogenannten Argumenta kat Anthropon|””] gute Dienste
thun. Man müßte nehmlich dem Abergläubischen, in denen Fällen, wo es sich thun
läßt, und wiederum auf eine für ihn schickliche Art, durch physische, und andere auch
möglichst gemeine Experimente, ad oculum[P”] zeigen; daß der Abergläubische Mensch
nicht sehe; sondern nur zu sehen glaube; daß es mit diesen und jenen ihm un- und
übernatürlich scheinenden Dingen gantz anders zugehe, (:z. E. mit dem Drachen!) als
die Leute sagen. Nach diesen und dergleichen Vorbereitungen würde alsdann auch das
anderte äußere Mittel, das Prinzip der Auktorität, mehr haften. Das Volck würde Män¬
ner von größerem Ansehn, die dergleichen Thorheiten verlachen, nicht verketzern,
sondern nach ihrem Beyspiel, auch bey Gegenständen, wo sie keine Experimente zur
Widerlegung des Aberglaubens gesehn, mit ihren Urtheilen zurückhaltender seyn.
Ich weiß nicht, welches von diesen Reinigungs Mitteln in das heutige Saeculum gewirc¬
kt hat. Genug, daß sich manche jeder ehemaligen Hirn Gespinnste, wo nicht der Gat¬
tung, doch der individualen Zahl nach, sehr vermindert haben. Wäre nur nicht mit
der Zeit jenes zu besorgen: cum vitant - vitia, in contraria currunt.[5!]

II. Wäre es wohl rathsam, dem Volck, (:ich sage nicht allen Aberglauben, im strengern
Wort, sondern:) alle Vorurtheile zu benehmen, so lange es ist, was es ist: unaufgeklärtes
Volck? Man müßte freylich mit Ja antworten, wenn alle Vorurtheile an sich selbst schad¬

8 Orzi a szilke soká a szagát annak, amit először öntsz bele”. Horatius: Az Episztolák első könyve.
2.69. (Urbán Eszter fordítása.)

599 Argumenta kat Anthrobon — argumenta ad hominem — személyes érvek; a tárggyal kapcsolatos

érv helyett az ellenfél, a vitatárs személyére utaló érv.

ad oculum — szemmel látható módon; úgy bizonyítani, hogy szemével lássa

Dum vitant stulti vitia, in contraria currunt. , Míg a hibát balgán kerüli, túlesnek a nyergen."
Horatius: Szatirák első könyve. 2.24. (Horváth István Károly fordítása.)

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