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- ist öfters dem vernarrten Pöbel ehrwürdiger, als der beste Segen, welchen sein Priester über ihn und die Seinigten ausspricht. Man kan von diesem Vorurtheil im Ganzen keine unsrer innländischen Nationen ausnehmen. Iedennoch scheint mirs, werden Walachen und Neubauern, diese strengen Verfechter ihrer gros-grosväterlichen Glaubenssysteme und Vorurtheile, zur Wiederkehr zu einer gesunden Vernunft, noch mit sehr langsamen Vorschritten nachkommen. Denn unter ihnen giebts nicht nur die Meisten Seegensprecher und Sprecherinnen; sondern auch I. die ausgebreitetesten Künste des Dafürredens; und zwar bey menschlichen Anliegen a) für heftige Zahnschmerzen b) für böse rothe Augen c) für den Kropf, oder Gicht, oder das böse Gered d) für Podagra, Chiragra, und, gäbe Gott! auch e) fürs Agra, aller der abergläubischen Thorenköpfe. — II. Bey dem Vieh aber sind sie in Segensprechungen, und Dafürreden, in allen Nöthen und Anliegen vollends unerschöpflich. Sympathie. Ein gelehrtes, und weil es griechisch ist, mehrmals mißverstandenes Wort! Vor Alters stüzte sich mancher Physiker, der sich bey Erklärung schwerer Aufgaben aus der Naturlehre, in der Klemme sah, auf diesen Nothanker: Sympathie - Aber nachdem sichs erleuchtetere neuere Naturforscher unter ihren Kredit zu seyn glauben, sich dieses gewohnten Zufluchtortes der Unwißenheit zu bedienen; so bleibt in neueren Zeiten der häufige Redegebrauch von Sympathie und Antipathie meistens für diejenige übrig, welche durch Vorschwazzung unerhörter unbegreiflicher, und meist ungegründeter Naturgeheimniße, Andre und ofters sich selbsten zu hintergehen geneigt sind. Hochlöblicher Profeßor Müller pflegte scherzend zu lehren: Sympathie und Antipathie dürfte etwa folgendergestalt begreiflich gemacht werden: Alle Körper, und zumal die menschlichen, hätten ihre effluvia, die in Form zugespizter niedlicher Dingercher, mit den Ausdünstungen des andern menschlichen Körpers sich entweder kombinirten, und eins das andre gleichsam konsumirte; oder aber diese Ausflüße träfen mit ihren Spitzen zusammen, duellirten sich stets, und könten auf keine Weise untereinander vereinigt werden. Das erstere sey Grund, warum Kajus und Kaja so angenehm sympathisirten, und Mävius und Sempronia in ewiger Antipathie lebeten. Und dieses gelte von ganzen Familien, Nationen u. s. w. Aber von ganz andrer Gattung ist diejenige Sympathie, welche uns alter Weiber Aberglauben vorspiegelt. Dahin gehört: l. Die sympathetische Kur für Waßersüchtige: Man schneide des Patienten Nägel an Händen und Füßen an einem Freytage ab; nähe sie in ein rothes Säckelchen sorgfältig ein; hefte solches einem lebendigen Krebs unter 267