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aus Rom an seinen guten Freund N. in Engelland háufige Proben vorleget;[9] eben so
sicherlich mag der Fall vom Neßelknüpfen und geraubten Mannheit gelten. Schon aus
Virgils Verse, der VIII“ Ecloge, wo es heißt:

Necte tribus nodis trinos Amarylii colores,

Necte Amarylli modo: et Veneris die vincula necto[”°!]

sollen aberglaubische Weiber Stof hergenommen haben, drey Faden von verschiedner
Farbe an einem Freytage, unter Hersagung einer besondern Formul tiber einem
Leichenstein oder andern heiligen Orte, vermittelst drey Knoten zusammenzuknüpfen.
Die Wirkung soll diese seyn, daß hindurch einem geliebten Gegenstande ewig
unauflösliche Liebesfeßel angeleget würden. In welchem Anbetracht dieses Rezept zu
dem vorhergehenden Titel: Erzauberte Liebe - gehört hätte. Meistentheils aber wird
durchs Nestelknüpfen auf Stiftung immerwährender Feindschaft und was des ehelichen
Unfuges mehr gedacht werden kan, von bösen Leuten angetragen, und das Erstere
eine Infibulatio, und das zweyte eine incantatio neonympharum benahmet.
I. Die erstre Art des Nestelknüpfens wird, wie man schon rathen kan, von einer Unholde
dadurch verrichtet, daß sie mit den Tauf- und Zunahmen, der eben zu kopulirender
Brautleute ihre Schelmerey treibet, und mitunter an einer seidnen Schnur mehrere
Knoten knüpfet. Oder welches auf das nämliche hinausläuft, daß die Hexe, während
dem Einsegnen derer, vor dem Altare stehenden Neuverlobten, zwischen welchen sich
ein wie kleiner Zwischenraum befände, durch solchen Zwischenraum hindurchschaut,
und während dem Durchschauen, ein ofnes Schloß zudrücket; auch solches heimlich
in denjenigen Brunn wirft, woraus die jungen Eheleute zu trinken pflegen. Und von
dieser Schelmerey wird in Sachsen viel Aufhebens gemacht. Die
II“ Art, die wir geraubte Mannbheit betitelt haben, ist hier zu Lande mehr in Ansehen,
und kommt unter den Klagen vor: Man habe es ihnen erzeiget — sie seyen behext
worden. Und dieser Poße, lehret der Aberglaube, werde iemanden dadurch gespielt:
Wenn in die noch rauchende Erde, wo Jemand sein Waßer abgeschlagen, einige aus
Schlehendorn verfertigte Nägel mit einigen Hokus Pokus formeln eingeschlagen würden.
Allein auch wider alle diese Foppereien der abscheulichen [Seite 55>] Unholden sind
wir von der abergläubischen Welt hinlänglich mit Hausmitteln versehen:
a) Wider die geraubte Mannheit verordnet die Legende vor allen Dingen, damit jene
eingeschlagenen behexende Nägel aus der Erde gezogen werden, und die impotente
Mannsperson ihr Waßer durch den Trauring laße, so werde seine Natur wiederkommen.
B) Ín den beiden übrigen Fällen sey weiter nichts zu verordnen, als

°° Conyers Middleton: Germana quaedam Antiquitatis eruditae Monumenta: Quibus Romanorum
veterum Ritus varii Tam sacri quam Profani, Tum Graecorum atque Aegyptiorum nonnulli Illustrantur,
Romae olim maxima ex parte collecta Ac Dissertationibus jam singulis instructa. Londini: Apud R.
Manby et H. S. Cox, 1745.

„Köss Amaryllis hát hármas háromszínű hurkot, / Kösd szaporán s: »E kötés Venuse« - igy
szólj, Amaryllis." Vergilius: Eclogae, VIII. 77-78. (Fordította: Lakatos István)

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